Adipositas: Bariatrische Chirurgie senkt Gewicht und schützt vor Begleiterkrankungen
Die schwedische SOS-Langzeitstudie belegt erstmals, dass Patienten nach einem bariatrischen Eingriff um bis zu 30% ihres Gesamtgewichtes verloren und dieser Erfolg auch nach 20 Jahren anhielt. Im Gegensatz dazu nahmen Nichtoperierte, die zu Beginn der Therapie zwar ebenfalls deutlich an Gewicht verloren, relativ bald wieder zu.
Voraussetzung ist, dass der Eingriff von erfahrenen Operateuren durchgeführt wird sowie eine konsequente und ganzheitliche Nachbetreuung der Patienten sichergestellt und vom Patienten eingehalten wird. Dazu gehören die Ernährungsberatung, psychologische/psychiatrische Beratung und Betreuung sowie Aufbau und Begleitung eines regelmässigen körperlichen Trainings.
Hohe und anhaltende Gewichtsreduktion
Die in den 1990-Jahren gestartete «Swedish Obese Subjects Study» (SOS-Studie) stellte nun erstmals Daten vor. Gegenüber der konservativen Behandlung (Adipositastherapie ohne Operation) verloren Patienten nach einem bariatrischen Eingriff ungefähr 50-75% ihres Übergewichtes oder im Schnitt 30% ihres Gesamtgewichtes. Etwa 20% der Operierten nahmen mit den Jahren wieder kontinuierlich an Gewicht zu. Bei solchen Patienten müsse insbesondere die Nachsorge verstärkt werden, so die Forscher. Die konservativ Behandelten (ohne Operation) konnten ihr Ausgangsgewicht häufig nicht halten.
Nach der bariatrischen Operation und einem kontinuierlichen Gewichtsverlust musste bei vielen Patienten insbesondere an Bauch-, Brust- Arm- und Oberschenkelbereich überschüssige Haut operativ entfernt werden. Auch hier sei eine langfristige Betreuung der Patienten durch den Operateur notwendig, so die Forscher.
Reduktion des Diabetesrisikos oder Heilung
Viele Adipöse entwickeln mit der Zeit einen Diabetes, der zum metabolischen Syndrom zählt und wie Übergewicht als Risikofaktor für Herzgefässerkrankungen und damit für Herzinfarkt oder Schlaganfall, gilt.
Schon vor den 1990-Jahren wurde festgestellt, dass eine massive Gewichtsreduktion bei Patienten mit Diabetes zu besseren Blutzuckerwerten und zu einer Reduktion der medikamentösen Diabetesbehandlung führte. Neuere Studien zeigen denselben Erfolg bei Diabetikern durch bariatrische Operationen mit anschliessender Gewichtsreduktion. Auch in der SOS-Studie wurde belegt, dass 15 Jahre nach dem operativen Eingriff - im Vergleich zu Nichtoperierten - das Diabetesrisiko von 28.4 Fällen pro 1000 Patientenjahre auf 6.8 Fälle/1000 Patientenjahre gesenkt werden konnte. In einer anderen Studie wurden diese Ergebnisse bestätigt: Nach Magenbypassoperation wurde bei 42% und nach Schlauchmagenoperation bei 37% nach einem Jahr eine Heilung des Diabetes festgestellt. Bei Nichtoperierten, konservativ Behandelten, war das nur bei 12% der Betroffenen der Fall.
Reduktion des Sterberisikos
Früher war das Sterberisiko bei bariatrischen Eingriffen höher. Daten aus den frühen 1990-er Jahren belegen, dass nach bariatrischen Operationen mit einem Sterberisiko von 0.5% innerhalb der ersten 5 Jahre gerechnet werden musste; heute liegt diese Rate bei 0.1%. Die Reduktion des Sterberisikos steht – nebst der Verbesserung der Operationstechniken – insbesondere auch im Zusammenhang mit der Reduktion der Begleiterkrankungen (Diabetes, Herzgefässerkrankungen etc.) durch den operativen Eingriff, so die Forscher.
Reduktion des Schlafapnoe-Syndroms und seinen Folgen
Eine weitere schwerwiegende Begleiterkrankung bei Adipositas ist das Schlafapnoe-Syndrom. Dabei kommt es zu Schnarchattacken sowie zu nächtlichen Atemstillständen, die zu Minderdurchblutungen im Gehirn führen. Die Folgen sind eine erhöhte Tagesmüdigkeit, Konzentrationsmangel und andere Leistungseinbussen. Die SOS-Studie dokumentiert ebenfalls einen positiven Effekt der bariatrischen Chirurgie auf das Schlafapnoe-Syndrom. So konnte zwei Jahre nach der Operation das Schnarchrisiko um 65.5% gesenkt werden; bei den konservativ Behandelten, Nichtoperierten um 21%. Nächtliche Atemstillstände reduzierten sich nach der Operation um 71%; bei den Nichtoperierten um 28%.
Reduziertes Krebsrisiko
Heute weiss man, dass bestimmt Krebsarten aufgrund von schwerem Übergewicht entstehen können. Laut der SOS-Langzeitstudie lag nach zehn Jahren bei den Operierten mit deutlichem Gewichtsverlust das Krebsrisiko bei 5.8%, bei den Nichtoperierten bei 8.3%. Welche Krebsarten durch einen grossen Gewichtsverlust am stärksten reduziert werden konnte, ist aus den Daten nicht zu entnehmen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass bariatrische Eingriffe zur Gewichtsreduktion bei schwer Adipösen (BMI über 35) sich auch längerfristig nachhaltig und positiv auf die allgemeine Befindlichkeit und die Gesundheit Betroffener auswirken. Mit einer Gesamtgewichtsreduktion von durchschnittlich 30% auch noch nach 20 Jahren kann hier von einem anhaltenden Erfolg in der Adipositasbehandlung, inklusive deren teilweise lebensgefährlichen Begleiterkrankungen gesprochen werden, so die Forscher.
16.10.2014 - dzu