Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft: Wo Ingwer und Co helfen
Die meisten Schwangeren leiden in den ersten drei Monaten unter Übelkeit und Erbrechen, jede 3. Schwangere muss sich deswegen beim Arzt behandeln lassen. Im Folgenden werden die wichtigsten Behandlungsstrategien des Hausarztes zusammengefasst. Der Artikel erschien im Fachblatt ArsMedici .
Es werden verschiedene physiologische, genetische, psychosoziale und biologische Ursachen vermutet. Ein deutlicher Zusammenhang besteht zwischen dem hohen Spiegel des Schwangerschaftshormons (HCG) und den Beschwerden. Aber auch Veränderungen in der Schilddrüsenhormonproduktion sowie anderer Hormone (Progesteron etc.) sind mit der der Schwere der Beschwerden stark verbunden.
Wann ins Spital
Auch wenn Übelkeit und Erbrechen praktisch als „normale“ Schwangerschaftsbeschwerden – insbesondere in den ersten 3 Monaten angesehen werden – so können die Beschwerden doch stark auf den Alltag der Schwangeren selber und auch der nächsten Angehörigen beeinflussen.
Wichtig zu wissen ist, dass Übelkeit und Erbrechen in der Regel auf die Entwicklung des Kindes keinen nachteiligen Einfluss haben.
Gefährlich wird es, wenn die Mutter bei persitierendem Erbrechen zu wenig Flüssigkeit aufnehmen kann. 1% aller Schwangerschaften ist von der schweren Form des Schwangerschaftserbrechens (Hyperemesis gravidarum) betroffen. Typische Merkmale: Mindestens 5 Mal tägliches Erbrechen, Gewichtsverlust von mehr als 5% gegenüber dem Gewicht vor der Schwangerschaft, Dehydrierung (Austrocknung). Zeichen der Dehydrierung und folgich ein Mangel an lebensnotwendigen Elektrolyten: Starke Erschöpfung, Bewusstseinsveränderungen bis zu Ohnmachtsanfällen, trockene Haut, fast kein Urinabgang.
In diesem Fall handelt es sich um einen Notfall, die Schwangere muss unverzüglich in ärztliche Betreuung, am besten ins Spital gebracht werden. Dort bekommt die Patientin die notwendige Flüssigkeit, Elektrolyte und Vitamine per Infusion zugeführt.
Was macht der Hausarzt
Auch wenn die Schwangerschaftsübelkeit im „Rahmen“ bleibt, kann sie doch sehr lästig werden und die Lebensqualität der Frau stark einschränken. Das führt zu unnötigem zum Teil sehr starkem Stress. Einige Frauen berichteten, dass sie wegen der Übelkeit sogar einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung gezogen hätten. Frauen sollten deshalb nicht zögern, sich mit ihrem Hausarzt in Verbindung zu setzen.
Sehr hilfreich ist es, wenn der Hausarzt die Patientin beruhigen kann mit der Aussicht, dass die Beschwerden in der Regel ab der 20. Schwangerschaftswoche bei den meisten Frauen wieder verschwinden.
Der Hausarzt wird zunächst Untersuchungen zum Ausschluss anderer Erkrankungen durchführen:
- Magen-Darm-Infektion
- Migräne
- Harnweginfektion
- Nebenwirkungen von Medikamenten (z.B: Eisensubstitution)
- Schilddrüsenüberfunktion
- Essstörungen
- Präemklampsie (Schwangerschaftsbedingter Bluthochdruck); diese tritt allerdings eher nach der 20. Schwangerschaftswoche auf.
Erste Behandlungsmassnahmen
Zentral ist die adäquate Rehydrierung – Flüssigkeitsrückgabe. Denn: Frauen, die zu wenig Trinken oder auch die Flüssigkeit sofort wieder erbrechen, fühlen sich meist noch schlechter.
Ingwerextrakt, Kamille und Pfefferminze sowie Vitamin B6 Gaben haben sich gegen die Schwangerschaftsübelkeit bewährt – was auch Studien belegen. Auch Akupunktur sowie Akupressur scheinen eine gewisse Linderung zu bringen.
Ernährung
Oft ergibt sich von selbst eine Ernährungsumstellung, da die Schwangere auf gewisse Nahrungsmittel gar nicht oder erst recht Lust hat. Im Allgemeinen werden kleinere und eher trockene, schwach gewürzte Nahrungsmittel von den Schwangeren besser vertragen. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass proteinreiche Ernährung besser vertragen wird als kohlehydrat- und fettreiche Ernährung. Die Ernährung via Magensonde (parenterale Ernährung) wird zwar in einigen Ländern empfohlen, sie wurde aber noch nicht wissenschaftlich überprüft.
Medikamente
Helfen diese Massnahmen nicht, kann der Hausarzt ein Antiemetikum (Wirstoff gegen Übelkeit) als Einzelsubstanz oder in Kombinationen einsetzen.
Ob das eine oder andere Medikament bei Schwangerschaftserbrechen besser wirkt, dafür gibt es bisher keine Beweise. Nebenwirkungen: Fast alle Antiemetika machen müde.
Bei der schweren Form der Schwangerschaftsübelkeit wird im Spital häufig auch Kortison eingesetzt: Dieses wirkt sehr gut gegen die Übelkeit, kann aber zu beträchtliche Nebenwirkungen führen und sollte auch erst ab dem 4. Schwangerschaftsmonat eingesetzt werden.
16.05.2012