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Familiäre Hypercholesterinämie: vererbtes erhöhtes Cholesterin

Familiäre Hypercholesterinämie wird vererbt

Bei der Familiären Hypercholesterinämie liegt eine genetisch bedingte, also vererbte Erhöhung des Cholesterinspiegels vor.

Ist ein Elternteil von FH betroffen, tritt mit grosser Wahrscheinlichkeit auch bei deren Kindern eine FH auf.

Leider wird die Familiäre Hypercholesterinämie oft erst dann erkannt, wenn sich bereits Folgenerkrankungen wie Arteriosklerose, Herzkrankheiten wie Angina pectoris, Herzinfarkt oder sogar ein Schlaganfall bemerkbar machen.

Ursache der Familiären Hypercholesterinämie

Es gibt verschiedene Formen der vererbten Hypercholesterinämie, die alle gekennzeichnet sind durch genetische Defekte, welche den Stoffwechsel des Cholesterins im Körper beeinflussen und insbesondere den Abbau des Cholesterins in der Leber vermindern. Dadurch werden das Gesamtcholesterin und das schlechte LDL-Cholesterin im Blut erhöht. Genetisch unterscheidet man die heterozygote Form, wobei das defekte Gen entweder nur von Vater oder Mutter stammt und die homozygote Form, wo das defekte Gen von beiden Elternteilen stammt. Die Vererbung erfolgt autosomal-dominant, was bedeutet, dass es ausreicht, wenn der Gendefekt nur von einem Elternteil stammt. Allerdings ist die Störung bei der homozygoten Form stärker ausgeprägt. Die seltenere, homozygote Form hat eine Häufigkeit von etwa 1 auf 1 Mio. Personen.

Die heterozygote Form ist weitaus häufiger und betrifft etwa 1 von 200-500 Personen in Westeuropa. Die relativ breite Streuung zu den Zahlen von Betroffenen kommt daher, dass die Dunkelziffer vermutlich ziemlich hoch ist.

Bereits in jungen Jahren zeigen sich bei den Betroffenen hohe Cholesterinwerte. Das führt bereits im Kindes- und Jugendalter zu Ablagerungen in den Blutgefässen und das Risiko für Herzkreislauferkrankungen wird stark erhöht. Betroffene leiden frühzeitig - Männer vor 55 Jahren und Frauen vor 60 Jahren - an Gefässerkrankungen wie Angina pectoris, Herzinfarkt, Schlaganfall oder Durchblutungsstörungen in den Beinen. Studien haben gezeigt, dass Jugendliche mit Familiärer Hypercholesterinämie ohne Behandlung ein 100-fach höheres Risiko haben, an einer Herzkrankheit zu sterben als gleichaltrige Gesunde. Wird aber frühzeitig behandelt, kann dieses Risiko stark vermindert werden.

Was sind die Symptome einer Familiären Hypercholesterinämie

Weil die Familiäre Hypercholesterinämie schon im Kindesalter beginnt aber lange keine Symptome auftreten, ist es enorm wichtig, die Hinweise auf eine Familiäre Hypercholesterinämie zu erkennen. Die Familiengeschichte spielt dabei eine bedeutende Rolle:

  • Wurde bei Verwandten ersten Grades vor dem 55-60 Altersjahr eine Koronare Herzerkrankung diagnostiziert?
  • Wurden bei Verwandten ersten Grades sehr hohe Cholesterinwerte gemessen?

Daneben gibt es körperliche Anzeichen der Familiären Hypercholesterinämie, die auch wieder bei Verwandten ersten Grades beobachtet werden können:

  • Xanthome: hierbei handelt es sich um Cholesterinablagerungen, die sich als Knoten an Fingergelenken und Fussgelenken zeigen.
  • Xanthelasmen: Cholesterinablagerungen als gelbliche oder weisse Knötchen im Augenbereich
  • Sehnenxanthome: Erhebungen durch Cholesterinablagerungen auf Strecksehnen
  • Arcus senilis (auch Greisenbogen) oder kornealer Arcus vor dem 45. Altersjahr: Weisser bis hellblauer Ring rund um die Iris (farbiger Teil des Auges)

Wie wird eine Familiäre Hypercholesterinämie erkannt – Vorgehen zur Diagnose

 

Wichtig ist das
frühzeitige Erkennen
der familiären
Hypercholesterinämie
Da die Familiäre Hypercholesterinämie erst spät Symptome macht, wird die Krankheit vor allem bei Kindern und jungen Erwachsenen sehr oft nicht erkannt. Häufig erfolgen weitere Abklärungen erst, wenn bei einer Routineuntersuchung hohe Cholesterin Werte auffallen oder ein Familienmitglied vor 50 Jahren an einem koronaren Herzleiden erkrankt.
Die eigentliche Diagnose wird nach einer eingehenden Erhebung der Krankengeschichte, insbesondere auch der familiären Krankengeschichte, nach Untersuchung und Messung der Bluttfettwerte gestellt.
 

Fünf Kriterien stehen dabei im Vordergrund:

  • Positive Familienanamnese, das heisst: familiäre Hypercholesterinämie kommt in der Familie vor
  • Frühe koronare Herzerkrankung in der Familie oder persönlich davon betroffen
  • Stark erhöhte LDL-Cholesterinwerte
  • Nachweis von Cholesterinablagerungen (Xanthome, kornealer Arcus)
  • Genetischer Nachweis der Fettstoffwechselstörung

Genetische Tests werden in der Schweiz eher selten durchgeführt, da sie teuer sind und nicht rückvergütet werden. Für die Diagnose der homozygoten Form der Familiären Hypercholesterinämie ist der genetische Nachweis allerdings zwingend erforderlich.

Weiter gilt es andere Krankheiten oder Umstände wie Schilddrüsenunterfunktion, Diabetes oder Schwangerschaft auszuschliessen, die ebenfalls als Ursache einer Hypercholesterinämie in Frage kommen.

Einbezug der Familie ist äusserst wichtig

Soweit möglich, sollte bei dieser erblich bedingten Krankheit die ganze Familie in die Beratung einbezogen werden. Betroffene sollten unbedingt die Familie und Blutsverwandte 1. Grades informieren. Im Idealfall wird dann ein Familienstammbaum erstellt und bei allen Mitgliedern systematisch die Krankheitsgeschichte erhoben, das LDL-Cholesterin gemessen und eine genetische Untersuchung durchgeführt.

Dieses Vorgehen, auch Cascade-Screening oder Family-Tracing genannt, wird von der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS) zur Früherkennung von betroffenen Familienmitgliedern empfohlen.

Wie kann die Familiäre Hypercholesterinämie behandelt werden

Die sogenannte sekundäre Hypercholesterinämie, also erworbene erhöhte Cholesterinwerte, kann in der Regel mit Ausschalten der Risikofaktoren (Rauchstopp, Gewichtsabnahme, Umstellung auf gesunde Ernährung und Erhöhung der körperlichen Fitness, Behandlung ursächlicher Erkrankungen) gut beeinflusst werden.

Bei frühzeitiger Erkennung und richtiger Behandlung können die Folgeschäden der Hypercholesterinämie verhindert werden und Betroffene haben eine normale Lebenserwartung.

Zur Vorbeugung von schweren Herzerkrankungen oder Schlaganfall ist es wichtig, dass Betroffene mit Diagnose einer FH die übrigen Familienmitglieder darüber informieren und sie rechtzeitig vor den Gefahren der erhöhten Cholesterinspiegel warnen.

Die Familiäre Hypercholesterinämie – wenn erkannt – gehört zu den wenigen genetischen Erkrankungen, die gut behandelbar sind. Wie bei den erworbenen Formen der Hypercholesterinämie steht auch bei der Familiären Hypercholesterinämie ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung und viel Bewegung im Zentrum der Behandlung. Allerdings reichen diese Massnahmen in der Regel nicht um die Cholesterinwerte wirksam zu senken und eine genügende Senkung des Cholesterinspiegels kann praktisch nur mit medikamentöser Therapie erzielt werden.

Die Zielwerte der Therapie sind dabei tiefer als bei anderen Formen der Hypercholesterinämie. Bei Erwachsenen ohne weitere Erkrankungen sollte der LDL Zielwert unter 2.5 mmol/l liegen und unter 1.8 mmol/l, wenn zusätzlich eine koronare Herzkrankheit oder ein Diabetes vorliegt.

Diese Werte sind allerdings nur als Richtwerte zu verstehen. Oberstes Ziel der medikamentösen Behandlung ist die Senkung des kardiovaskulären Risikos.

Zur Senkung des LDL-Cholesterins kommt in erster Linie ein wirksames Statin zum Einsatz. Statine sind Cholesterinsenker, die bereits seit Jahren eingesetzt werden und ihre Wirksamkeit bewiesen haben. Kann mit dem Statin allein keine genügende Cholesterinsenkung erzielt werden, kommt in zweiter Linie eine Kombination von einem Statin mit dem Cholesterinabsorptions-Hemmer Ezetimibe zum Zug. Bei manchen Patienten, insbesondere mit der homozygoten Form, muss zusätzlich in regelmässigen Abständen das Cholesterin aus dem Blut mit einer so genannten Lipoprotein-Apherese entfernt werden.

Neue Behandlungsansätze bei der familiären Hypercholesterinämie

Oft sind die angestrebten Zielwerte mit den etablierten Therapieansätzen nur schwierig oder gar nicht zu erreichen. Zurzeit kommen neue Wirkstoffe zum Einsatz, welche in klinischen Studien eine gute Wirksamkeit bei der Familiären Hypercholesterinämie gezeigt haben. Es handelt sich dabei um monoklonale Antikörper, die gezielt in den Fettstoffwechsel eingreifen und genetische Defekte wie bei der Familiären Hypercholesterinämie damit kompensieren können. Der genetische Defekt kann zwar nicht behoben werden, aber das chronisch erhöhte Cholesterin kann deutlich gesenkt werden. Wie bei allen neuen Medikamenten ist im Vergleich zu Medikamenten, die bereits seit Jahren eingesetzt werden, bei diesen neuen Behandlungsansätzen noch wenig über die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit bekannt.

Dr. med. Fritz Grossenbacher

Fritz Grossenbacher hat in Bern Medizin studiert. Er besitzt einen Master of Medical Education der Universitäten Bern und Chicago und ein Zertifikat in Teaching Evidence based Medicine des UK Cochrane Center in Oxford.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
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