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Borderline-Syndrom: Persönlichkeitsstörung als Trauma
Borderline-Syndrom: Persönlichkeitsstörung als Trauma

Das Borderline-Syndrom ist eine Persönlichkeitsstörung mit ausgeprägter emotionaler Instabilität. Das Leiden ist sehr vielschichtig und je nach Person sehr verschieden ausgeprägt.

Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Die Erkrankung beginnt meist im frühen Erwachsenenalter, scheint aber bereits im Kindesalter latent vorhanden zu sein.

Ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren wird diskutiert:

  • Angeborene Veranlagung: stark ausgeprägte Emotionen, Sensibilität und Impulsivität
  • Traumatische Kindheitserlebnisse (Scheidung, Missbrauch, Verluste, Vernachlässigung usw.)
  • Erziehungsstil der Eltern: bestimmte Erziehungsformen können bei entsprechender Veranlagung ein Borderline-Syndrom begünstigen. Dazu zählt eine Erziehung mit ständig wechselnden Grenzen und Konsequenzen oder zu viel Nähe (dem Kind ist es unmöglich zu lernen, sich abzugrenzen) bzw. Distanz (Vernachlässigung).
Borderline-Syndrom: Betroffene verletzen sich selbst
Borderline-Syndrom: Betroffene verletzen sich selbst

Die emotionale Instabilität äussert sich durch:

  • Starke Neigung, impulsiv zu handeln ohne Rücksicht auf Konsequenzen
  • Wechselnde, instabile Stimmung
  • Emotionale Ausbrüche von intensivem Ärger bis hin zu streitsüchtigem Verhalten und Suchen von Konflikten, insbesondere wenn impulsive Handlungen kritisiert oder behindert werden.
  • Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen: Neigung zu intensiven, aber unbeständigen Beziehungen. Dies führt zu wiederholten emotionalen Krisen mit starken Verlassensängsten und übertriebenen Bemühungen, das Verlassenwerden zu verhindern (z.B. durch Suiziddrohungen oder selbstschädigende Handlungen).
  • Gestörtes Selbstbild: häufig Gefühl der inneren Leere, mangelndes Selbstwertgefühl bis hin zur kompletten Ablehnung der eigenen Person.

Häufig sind selbstverletzende Handlungen (z.B. Schneiden, Brennen). Dadurch werden Spannungen abgebaut oder die Betroffenen berichten, sich dadurch wieder zu spüren oder danach auch eine angenehme Erregung zu empfinden.

Drogenmissbrauch und andere psychiatrische Störungen (Depressionen, Angststörungen, Essstörungen) kommen häufig kombiniert mit einer Borderlinestörung vor.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) legte folgende Kriterien fest, welche die Diagnose ''Borderline-Störung'' erlauben:

Mindestens drei der folgenden Punkte müssen vorliegen:
  • Deutliche Tendenz, unerwartet und ohne Berücksichtigung der Konsequenzen zu handeln
  • Neigung zu Konflikten oder Gewaltausbrüchen mit Unfähigkeit zur Kontrolle explosiven Verhaltens, besonders wenn impulsive Handlungen kritisiert oder unterbunden werden
  • Unbeständige und unberechenbare Stimmungen
  • Das eigene Selbstbild, Ziele und persönliche Vorlieben (einschliesslich sexuelle) sind gestört
  • Neigung, sich auf intensive, aber instabile Beziehungen einzulassen, oft mit der Folge von emotionalen Krisen; übertriebene Bemühungen, das Verlassenwerden zu vermeiden; wiederholte Suiziddrohungen oder selbstverletzende Handlungen
  • Anhaltendes Gefühl der Leere
Borderline-Syndrom: Vertrauen fassen zum Therapeuten
Borderline-Syndrom: Vertrauen fassen zum Therapeuten

So vielschichtig diese Erkrankung ist, so komplex gestaltet sich auch die Therapie.

Durch Unbeständigkeit in Beziehungen und streitsüchtiges Verhalten im Falle von Kritik - typische Probleme des Borderliners - besteht eine grosse Gefahr des Therapieabbruchs. Eine gute Motivation und ein gutes Patienten-Therapeuten Verhältnis sind für den Behandlungserfolg entscheidend.

In den letzten Jahren wurde ein stark strukturiertes Programm speziell für die Therapie bei Borderline-Patienten entwickelt, die sogenannte "Dialektisch Behaviorale Therapie".

Wichtige therapeutische Ziele:
  • Erlernen von Möglichkeiten, innere Spannungen gesund abzubauen, z.B. durch Sport oder Entspannungstechniken
  • Abbau des Drogenkonsums
  • Aufbau und Erhalt unterstützender Beziehungen (z.B. Familie, Freunde)
  • Umgang mit Krisensituationen
  • Wahrnehmung von Gefühlen
  • Wecken des Verantwortungsbewusstseins für das eigene Verhalten
    Aufarbeiten traumatischer Erlebnisse

Mit fortschreitendem Alter nimmt die Intensität der Störung meist ab, sodass im späteren Erwachsenenalter eine grössere Stabilität sowohl in Beziehungen als auch im Beruf erreicht wird.

Nicht selten besteht eine Tendenz zu selbstverletzenden bis suizidalen Handlungen.

Dr. med. Gerhard Emrich

Gerhard Emrich hat in Wien Medizin studiert. Er ist Medizinjournalist mit langjähriger Erfahrung in medical writing.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
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