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Haarausfall: Analgebedingte Alopezie
Haarausfall: Analgebedingte Alopezie

Das Haar besteht aus dem Haarschaft, jener Teil der aus der Hautoberfläche ragt, und aus dem Haarfollikel – der Haarwurzel. Der Haarfollikel ist eine sackförmige, wenige Millimeter lange Einstülpung der Haut, an deren unteren Ende das Haar in der Haarwurzel gebildet wird. Etwa 100'000 Haarfollikel haben Menschen mit braunem oder schwarzem Haar auf dem Kopf; Blonde haben etwas mehr, Rothaarige etwas weniger.


Das Haar wächst, ruht, fällt aus – so kann der normale  Lebenszyklus des Haares bezeichnet werden. Pro Tag fallen bei gesundem Haarbestand durchschnittlich 50 -100 Kopfhaare aus – das ist normal. Fallen mehr Haare aus, dann ist dieser Zyklus gestört und die Ursache sollte durch einen Facharzt (Dermatologen) abgeklärt werden.

Man unterscheidet zwischen zwei Formen von Haarausfall: der vernarbenden und nicht-vernarbenden Alopezie. Ursachen für den vernarbenden Haarausfall können Entzündungen oder andere Krankheiten sein. Ist die Haarwurzel zerstört, wie das bei der nicht-vernarbenden Alopezie der Fall ist, ist der Haarverlust endgültig. Die Ursachen dafür können sein: genetisch -hormonell bedingter Haarverlust (in 95% der Fälle), Entzündungen oder andere Erkrankungen. Auch Medikamente oder ein Nährstoffmangel, psychische Störungen  oder auch falsche Haarpflege können der Grund für Haarausfall sein.


Der Haarverlust ist für viele Betroffene eine starke psychische Belastung und nagt meist massiv am Selbstbewusstsein.

Anlagebedingter Haarausfall, Androgenetische Alopezie

Die androgenetische Alopezie (Haarausfall durch männliche Hormone) ist sowohl bei Männer n wie auch Frauen in etwa 95% der Fälle – bei Männern deutlich häufiger -  für Haarverlust verantwortlich. Es handelt sich dabei um einen genetisch- und hormonell bedingten Haarverlust. Schuld an diesem Haarverlust ist eine gesteigerte Empfindlichkeit der Haarfollikel (Haarwurzel) gegenüber dem männlichen Hormon Androgen: Der Haarfollikel wird verkleinert, die Haarproduktion eingeschränkt und die Haare fallen schneller aus.

Zusätzlich bewirkt das Hormon beim Mann einen gesteigerten Bartwuchs und eine Vermehrung der Talgdrüsen auf dem Kopf, was wiederum zum Verlust der Kopfhaare beiträgt.  Bei Männern führt dies zur Teil- oder Vollglatzenbildung;,bei Frauen lichtet sich die gesamte Haarpracht.

Kreisrunder Haarausfall, Alopecia areata

Bei der Alopecia areata treten innerhalb kurzer Zeit, meist kreisrunde haarlose Stellen auf dem Kopf auf. Die Ursache ist nicht genau bekannt. Ein kreisrunder Haarausfall, unter dem sowohl Männer wie Frauen leiden können, geht häufig mit Entzündungsvorgängen im Körper einher. Diskutiert werden als Ursache auch immunologische Faktoren bei der die körpereigene Abwehr eine Rolle spielt. Dabei greifen körpereigene Abwehrzellen, die sogenannten Fresszellen (T-Zellen), die Haarwurzeln an. Auch eine familiäre Häufigkeit wird beobachtet, was eine genetische Veranlagung vermuten lässt.

Diffuser Haarausfall

Beim diffusen Haarausfall lichtet sich das Haupthaar insgesamt immer mehr. Der diffuse Haarausfall gilt meist als Störung und als Symptom einer Krankheit oder eines Nährstoffmangels. Nicht selten entsteht diffuser Haarausfall durch falsche Pflege oder durch mechanische Belastungen. Dieser Haarausfall ist meist zeitlich begrenzt, das heisst: wird die auslösende Ursache behoben, dann fallen auch keine Haare mehr aus, beziehungsweise die Haar wachsen wieder nach. Das eindrücklichste Beispiel dafür ist der Ausfall der Haare bei einer Chemotherapie. Nach der  der Behandlung wachsen die Haare meist wieder nach.

Häufige Ursachen für diffusen Haarausfall:

  • Nach Geburten oder nach der Pubertät (zwischen 16 und 20 Jahren)
  • Infektionen: zum Beispiel Herpes Zoster (Gürtelrose), Wundrose (Erysipel, ist eine bakterielle Entzündung der Lederhaut)
  • Stoffwechselstörungen (zum Beispiel bei Diabetes, Störungen im Fettstoffwechsel, Leberkrankheiten)
  • Funktionsstörungen der Schilddrüse oder der Geschlechtshormone (oft im Zusammenhang mit anderen Beschwerden wie tiefere Stimme bei Frauen oder übermässiger Haarwuchs am Körper)
  • Ernährungsfehler und dadurch Mangelzustände: Eisen-, Zink-, Folsäure- oder VitaminB12-Mangel
  • Diäten
  • Stress
  • Umweltschadstoffe
  • Medikamente (z.B.  bei Chemotherapien)
  • Saisonalbedingter Haarausfall: dieser verschwindet in der Regel von selbst
  • Bettlägerigkeit (wird auch bei Säuglingen beobachtet)

Haarstrukturschäden

Hier kann es zu Haarausfall durch schädigende äussere Einflüsse kommen:

  • Häufiges Tragen von Kopfbedeckungen
  • Mechanische Belastungen: intensives Kämmen und Bürsten, Toupieren, strenge Zöpfe, enges Haarband oder Haargummi
  • Chemische Schädigungen durch Tönen, Färben, Bleichen, Dauerwellen, häufiges Waschen mit alkalischen Shampoos
  • Physikalische Einflüsse: übermässige Hitzeeinwirkung durch Föhnen, intensive Sonnenbestrahlung (auch in Solarien)

Anlagebedingter Haarausfall, Androgenetische Alopezie

Hier beginnt der Haarverlust häufig schon in der Pubertät, in den mittleren Lebensjahren sind etwa 50% der Männer davon betroffen.

Ein besonderes Merkmal bei den Männern sind die beginnenden "Geheimratsecken", die sich im Laufe der Zeit zu einer halb- oder totalen Glatze ausbilden. Bei den Frauen kommt es eher zur Lichtung der gesamten Haarpracht. Aufgrund der hormonellen Ursache dieser Form des Haarausfalls, kommt es bei Männern dafür oft zu einem gesteigerten Bartwuchs.  Frauen, die unter  androgenetischer Alopezie leiden, entwickeln dafür eine generell maskuline Behaarung, mit meist unliebsamem Haarwuchs an anderen Körperstellen wie Beinen, Unterschenkeln, Zehen oder Gesichtsbereich.

Kreisrunder Haarausfall, Alopecia areata

Plötzlich auftretende kreisrunde haarlose Stellen auf dem Kopf sind das Hauptmerkmal bei der Alopecia areata. Bei dieser Form von Haarausfall wird gleichzeitig beobachtet, dass insbesondere pigmentierte Haare ausfallen und die anderen Haare verbleiben; das heisst, der Betroffene ergraut in relativ kurzer Zeit. In seltenen Fällen wird auch ein totaler Verlust der gesamten Körperhaare beobachtet – dann spricht man von einer Alopecia universalis. Relativ häufig wachsen die Haare nach ein paar Monaten ganz spontan wieder nach – die Gefahr eines erneuten Haarverlustes ist aber gross, was eine Prognose für den Verlauf schwierig macht.

Diffuser Haarausfall

Hier lichtet sich das Haupthaar insgesamt und nicht nur an bestimmten Stellen. Sind hormonelle Störungen die Ursache, können auch andere Symptome -  bei der Frau zum Beispiel eine tiefere Stimme sowie verstärkter Haarwuchs an anderen Köperstellen -  dazukommen.

Meist ist diffuser Haarausfall reversibel, das heisst, wenn die krankhafte Störung, der Mangel oder andere Umstände, die zum Haarausfall führten, behoben sind, wachsen auch die Haare wieder nach. Bedingung: Die Haarwurzeln dürfen nicht zerstört sein.

Bei plötzlichem oder langsam fortschreitendem Haarverlust muss ein Facharzt (Dermatologe) der Ursache des Haarverlustes auf den Grund gehen.

Anamnese (Krankengeschichte)

Dazu können folgende Fragen vom Arzt gestellt werden:

  • Fragen zu familiärer Vorbelastung von Haarausfall
  • Fragen zur Ernährung (Mangelzustände)
  • Detailfragen zum Haarausfall:

FaktenEvaluation
Einsetzen des vermehrten Haarausfalls Zusammenhang mit besonderen Ereignissen wie Geburt, Medikamente, Hormonbehandlung oder fiebrige Erkrankungen
Dauer und VerlaufDauer des vermehrten Haarausfalls und gleichzeitiger gesundheitlicher Störungen
FormenArt des Haarverlusts: vermehrter Haarausfall, Dünnerwerden des Haares, Abbrechen der Haare, schleichender oder büschelweiser Haarverlust
OrtVerteilungsmuster: z.B kreisrunde Flächen, zurückfliehen von der Stirn, stellenweise, fleckenartig, Dünnerwerden über den ganzen Haarschopf

Körperliche Untersuchung

  • Begutachtung der Kopfhaut: Entzündungen, Ekzeme, Haukrankheiten wie zum Beispiel Schuppenflechte
  • Überprüfung des Stadiums des Haarausfalls: Gesteigerter Haarverlust, der über der Norm liegt (Effluvium, lateinisch für Ausfall) oder Alopezie (abnormer Haarausfall). Effluvium muss nicht unbedingt zur Alopezie führen.
  • Epilationstest: der Arzt ergreift ein Büschel und zieht an den Haaren; dabei gewonnene Haare werden mikroskopisch auf Schäden sowie chemo-analytisch untersucht.

Weitere Untersuchungen*

  • Trichogramm: mikroskopische Haarwurzeluntersuchung (Zustand, individuelle Entwicklungsphase)
  • Mikroskopische Untersuchung von Hautproben
  • Blutuntersuchungen (Entzündungsparameter, Mangelzustände etc.)

*Nichtfachärztliche Haarmineralanalysen auf Giftstoffe, Schwermetalle und Spurenelemente sind kritisch zu bewerten; oft bringen sie mehr Verwirrung als Klarheit.

Allgemein

Man unterscheidet zwischen vernarbendem und nicht-vernarbendem Haarausfall (Alopezien). Wenn die Haarwurzeln zerstört sind, ist der Haarverlust endgültig, diese Haare wachsen nicht wieder nach. Wenn es sich nur um eine Störung im Haarwachstum handelt, wachsen die Haare zwar nach, können aber vor Ende des Haarzyklus ausfallen oder abbrechen. Beim diffusen Haarausfall besteht die Behandlung meist darin, die Ursache zu behandeln oder zu beseitigen.

Behandlung der androgenetischen Alopezie

Dem anlagebedingten Haarausfall kann weder durch entsprechende Pflege noch durch diverse Haarwuchsmittel vorgebeugt werden. Auch zusätzliche Aufbau- und Stärkungsmittel, Vitamine, Hefen, Kieselerde, Aminosäuren oder eine Ernährungsumstellung bringen hier meist ebenso wenig. Zumindest wurde bis heute die Wirkung von keinem dieser Mittel beim anlagebedingten Haarausfall wissenschaftlich belegt.

Es gibt Medikamente, die den anlagebedingten Haarausfall stoppen können. Da es beim anlagebedingten Haarausfall zu einer Verkleinerung der Haarwurzeln (Haarfollikel) kommt, können aber trotz Medikamenten an bereits kahlen Stellen keine Haare mehr nachwachsen.

Medikamente beim anlagebedingten Haarausfall

Die Behandlungsmethoden unterscheiden sich für Frauen und Männer. Einige Wirkstoffe können nur bei Männern und einige nur bei Frauen angewendet werden; manche eigenen sich für beide Geschlechter.

Behandlung bei Männern:

Hier wird seit einiger Zeit der Wirkstoff Finasterid eingesetzt. Finasterid wurde ursprünglich zur Behandlung der gutartigen Prostatavergrösserung entwickelt. Der Wirkstoff beeinflusst den Testosteron stoffwechsel und kann so den Haarausfall stoppen. Das Medikament muss aber regelmässig und über lange Zeit eingenommen werden. Als unterwünschte Nebenwirkung können Potenzprobleme auftreten. Für Frauen ist der Wirkstoff nicht zugelassen. Insbesondere bei Schwangeren kann der Wirkstoff den Fötus schädigen.

Behandlung bei Frauen:

  • Pille: Kombinationspräparate aus Östrogen und Gestagen wirken als Gegenspieler zum Testosteron und wird deshalb bei Frauen mit androgenem Haarausfall angewendet. Bei Frauen nach den Wechseljahren werden ebenfalls kombinierte Hormonpräparate verschrieben.
  • Östrogenhaltige Lösungen: werden lokal auf die Kopfhaut aufgetragen. Diese wirken nur während der Anwendungszeit.

Behandlungsmöglichkeiten bei Männern und Frauen:

  • Lösung mit dem Wirkstoff Minoxidil; bei Frauen muss die Dosierung schwächer sein  als bei Männern
  • Haarersatz oder Haartransplantation: Ist der Leidensdruck sehr gross und hilft sonst nichts, dann kann auch zur Perücke oder Toupet gegriffen werden oder eine Haartransplantation in Betracht gezogen werden.

Kreisrunder Haarausfall

Die Behandlung der Alopecia areata ist sehr schwierig, da die Ursachen unklar sind.
Leider helfen hier die wenigsten Behandlungen, beziehungsweise die Haare fallen nach Behandlungsunterbruch oder –stopp wieder aus. Häufig bleibt Betroffenen mit dieser Form von Haarausfall nichts anderes übrig als sich damit abzufinden. Spontanheilungen kommen recht häufig vor, weshalb viele Ärzte bei erfolgloser Behandlung der Alopecia areata eine Perücke empfehlen und die Hoffnung auf die Selbstheilung weitergeben.

Ist eine Entzündungsaktivität an den Haarwurzeln für den kreisrunden Haarausfall verantwortlich, wird versucht, diese zu reduzieren.

Dies kann wie folgt erfolgen:

  • Durchblutungsfördernde Tinkturen und entzündungshemmende Medikamente (meist Kortison als Salbe oder Tinktur)
  • Behandlung der betroffenen Stelle mit einer speziellen Säure, Bestrahlung mit UV-Licht oder mit flüssigem Stickstoff (Vereisung).
  • Bei schweren Formen der Alopecia areata kommt die sogenannte lokale Immuntherapie in Frage. Bei etwa 40% der Betroffenen sind damit dauerhafte Erfolge möglich. Der verwendete Wirkstoff ist allerdings nicht zur Behandlung der Alopezie zugelassen, wird aber dennoch (off Label use) auch von Fachärzten abgegeben.
  • Perücken, Haarteile oder auch Haareinflechtungen können kahle Stellen vertuschen
  • Die Haartransplantation ist heute die einzige Behandlungsart  mit sichtbarem und bleibendem Erfolg. Leider wirkt aber auch heute noch das verpflanzte Haar nicht bei jedem Mann natürlich. Ein solcher Eingriff sollte nur von qualifiziertem Fachpersonal durchgeführt werden. Chirurgen distanzieren sich von Kunsthaar-Implantaten und warnen vor deren Komplikationen, wie Fremdkörperabstossungen und chronischen Infektionen.

Diffuser Haarausfall

Wenn bekannt, sollte zunächst die Ursache des diffusen Haarausfalls behandelt oder beseitigt werden. Damit verschwindet in der Regel auch der Haarausfall. Relativ einfach therapiert werden können zum Beispiel eine Infektionskrankheit oder ein Eisenmangel. Sind Medikamente der Grund für den Haarausfall so kann eventuell ein Medikamentenwechsel - nach Absprache mit dem Arzt - helfen.

Wichtig bei allen Formen von Haarausfall: Betroffene (insbesondere junge Männer und Frauen) brauchen oft eine begleitende psychische Unterstützung für das Selbstwertgefühl; hier kann ein Psychologe helfen.

Dr. med. Gerhard Emrich

Gerhard Emrich hat in Wien Medizin studiert. Er ist Medizinjournalist mit langjähriger Erfahrung in medical writing.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
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