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Tierbisse können für den Menschen gefährlich werden
Tierbisse können für den Menschen gefährlich werden

Katzen beissen schnell mal zu, oft spielerisch, manchmal aber auch weil sie sich bedroht fühlen oder sich schlicht geärgert haben. Im Gegensatz zu Hundebissen, ziehen Katzenbisse häufiger - in etwa 50% der Fälle - eine Infektion nach sich. Häufig sind bei Katzenbissen die Hand oder das Handgelenk betroffen.

Mit ihren langen spitzen Zähnen verursachen Katzen tiefe stichartige Wunden. Die Keime respektive die Bakterien im  Speichel der Katzen gelangen tief ins Gewebe und führen daher eher zu Infektionen. Die Infektion kann sich einerseits nur auf die Bissstelle beschränken. Andererseits kann eine Infektion auf die Umgebung, wie Sehnenscheiden und Gelenke übergreifen oder sogar zu einer lebensbedrohlichen Blutvergiftung (Sepsis) führen. Bei Hundebissen kommt es weniger häufig zu Infektionen, das Ausmass der Verletzungen ist jedoch aufgrund der Beisskraft meist viel grösser als bei Katzen. Deshalb müssen Hundebisse häufiger im Spital behandelt werden. Die Palette der Bisswunden reicht hier von kleinen Hautdefekten bis zum Abriss von Körperteilen.

Tierbisse gehören in der Regel immer ärztlich behandelt. Denn: Auch harmlos erscheinende Bisswunden können sich infizieren und schwere Folgen nach sich ziehen. Und: Der Impfschutz gegen  Wundstarrkrampf (Tetanus) muss überprüft werden. - Ist der Impfstatus nicht bekannt oder liegt die letzte Starrkrampfimpfung länger als 10 Jahre zurück, muss diese aufgefrischt  werden.

Wer muss zum Arzt: Kinder, ältere Menschen und Menschen mit geschwächtem Immunsystem gehören nach einem Tierbiss immer in ärztliche Behandlung.

Bei Bissen von tollwutverdächtigen Tieren (in Europa vor allem Fledermäuse, Füchse, freilebende Hunde), ist sofort ein Arzt aufzusuchen.Tollwut führt unbehandelt praktisch immer zum Tod. Eine rechtzeitige Tollwutimpfung kann den Ausbruch der Krankheit verhindern. Wichtig: Wenn möglich das tollwutverdächtige Tier von einem Veterinärarzt untersuchen lassen.


Kratzer von einer Katze kann es natürlich überall geben, sie sind in der Regel harmlos. Etwa zwei Drittel der Katzenbisse betreffen die Hand oder das Handgelenk. Bei Hunden kommt es häufiger zu Bisswunden an den Beinen oder Armen.  Ebenfalls gefährdet sind das Gesäss, das Gesicht oder der Hals.

Meist sind Kratz- oder Bisswunden gut von Auge sichtbar. Sie reichen von schmalen, tiefen Löchern (bei Katzen) bis hin zu Riss-Quetsch-Wunden und grösseren Bisswunden (bei Hunden), die so schwer sein können, dass eine Amputation von Körperteilen erforderlich wird oder die Bissverletzung sogar tödlich endet.

Je nach Ausmass der Bissverletzung blutet die Wunde mehr oder weniger stark. Bei grossem Blutverlust kann es zum lebensbedrohlichen Kreislaufversagen  kommen.

Zeichen einer lokalen Wundinfektion:

  • Rötung, Überwärmung
  • Schmerzen
  • Schwellung
  • ev. Eiterbildung

Weitere mögliche Symptome und Komplikationen:

  • Funktionseinschränkung des verletzten oder umliegenden Gelenkes
  • Durchblutungs- oder Sensibilitätsstörungen (Taubheitsgefühl, Gefühlsstörung) an der Bissstelle

Bei Katzenbissen treten erste Infektionszeichen in der Regel innerhalb von 12 Stunden auf; bei Hundebissen dauert es etwas länger (bis zu 24 Stunden). Spätestens dann sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Entzündung der Lymphbahnen (Lymphangitis): Die Keime können sich  über die Lymphbahnen ausbreiten. Zeichen: Roter Strich unter der Haut, der von der Wunde ausgeht. Hier handelt es sich um eine Entzündung der Lymphbahnen und nicht um eine echte Blutvergiftung.

Blutvergiftung (Sepsis): Bei Bisswunden und jeder anderen infizierten Wunde können Keime in die Blutbahn gelangen, was zur lebensbedrohlichen Blutvergiftung führen kann. Dabei breiten sich die Erreger von der Wunde aus über das Blut nach und nach in andere Organe aus. Wird eine Sepsis nicht rechtzeitig erkannt und behandelt, ist ein tödliches Organversagen häufig. Zeichen einer Sepsis sind: Starkes Krankheitsgefühl, Schüttelfrost, hohes Fieber (=Notfall)

Wundstarrkrampf (Tetanus):  Infektion Symptome einer Tetanusinfektion treten in der Regel 3 Tage bis 3 Wochen nach einer Verletzung auf. Ein grippeähnliches Krankheitsgefühl, Verkrampfungen der Kau- und Gesichtsmuskulatur oder des Nackens, Atemprobleme, Blutdruckschwankungen etc., können auf einen Wundstarrkrampf hinweisen (=Notfall)

Tollwut-Infektion: Auch hier treten die Symptome erst nach einigen Wochen bis zu mehreren Monaten auf. Diese sogenannte Inkubationszeit hängt einerseits von der durch den Biss übertragenen Menge des Tollwut-Virus sowie von der Entfernung der Bissstelle vom Gehirn ab.



Zur Diagnose eines Tierbisses werden verschiedene Untersuchungen und Abklärungen durchgeführt. Dazu gehören unter anderem:

  • Genaue Beschreibung des Herganges:  Zeitpunkt, Tierart (bekanntes oder streunendes Haustier, Wildtier).  Grössere Bissverletzungen müssen vom Arzt - insbesondere bei Verdacht auf Tollwut - gemeldet werden und gelten als Unfall;  wenn möglich Foto von Tier mitbringen.
  • Krankengeschichte: Frühere oder bestehende Erkrankungen, vor allem solche, die sich ungünstig auf die Wundheilung und das Infektionsrisiko auswirken (z.B. HIV, Diabetes)
  • Medikamenteneinnahme
  • Abklärung des Impfstatus: Tetanus (Starrkrampf), Tollwut
  • Wenn möglich Abklärung des Tollwutstatus des Tieres veranlassen
  • Der Arzt wird (für die Versicherung) mittels Fotos die Verletzung dokumentieren
  • Funktions- und Sensibilitätsprüfungen, insbesondere von betroffenen Gelenken, um Schäden an Knochen, Nerven und Sehnen zu erkennen
  • Abtasten der Lymphknoten: kann erste Auskunft geben über eine mögliche Ausbreitung einer Infektion
  • Röntgenbilder: Nachweis bzw. Ausschluss von Knochenverletzungen, Fremdkörper (z.B. abgebrochener Zahn des Tieres)
  • Blutentnahme: Entzündungsparameter
  • Gewebeentnahme und anschliessende Untersuchung zur Identifizierung der Kei

Erste Hilfemassnahmen -was kann man selber tun?

  • Wunde mit Wasser reinigen und mit einem Wunddesinfektionsmittel desinfizieren
  • Bei Verdacht auf Tollwut beim Tier soll die Wunde mit Wasser und Seife (oder auch Spülmittel) ausgewaschen werden, danach sofort zum Arzt; Tollwut-Viren sind sehr empfindlich auf Seifenlösungen. Damit kann ein Grossteil der Viren eliminiert werden; das heisst aber nicht, dass gar keine Viren mehr vorhanden sind.
  • Wunden mit einem sterilen Verband locker abdecken
  • Abgebissene Körperteile wie Finger oder Zehen möglichst keimfrei einwickeln und in einem sauberen Plastiksack mitbringen oder der Rettung mitgeben. Druckverband der Wunde um die Blutung zu stoppen; sofort zum Arzt oder den Notarzt rufen.
  • Bei grossem Blutverlust und drohendem Kreislaufzusammenbruch: Erste Hilfe leisten und sofort den Notarzt rufen (Tel. 144)

Wann zum Arzt?

Tierbisse sollen immer ärztlich versorgt werden. Der Arzt kann die Wunde fachmännisch reinigen und nötigenfalls zerstörtes Gewebe entfernen. Damit kann die Infektionsgefahr klein gehalten werden. Fehlende Impfungen werden aufgefrischt und weitere notwendige Behandlungen eingeleitet.

Bei folgenden Situationen muss zwingend ein Arzt zugezogen werden oder der Betroffene auf eine Notfallstation gebracht werden:

  • Bei Zeichen einer Wundinfektion: Rötung, Übererwärmung, Schwellung, Schmerzen
  • Bei Fieber
  • Bei zusätzlichen anderen Beschwerden
  • Kinder, ältere Personen und Menschen mit Immunschwäche gehören nach Bissverletzungen sofort in medizinische Behandlung.
  • Wenn der Impfstatus gegen Tetanus (Wundstarrkrampf) nicht bekannt ist oder die letzte Impfung länger als 5-10 Jahre zurückliegt
  • Bei Verdacht auf Tollwut. Dies ist ein Notfall, hier zählt jede Minute

Behandlung beim Arzt

  • Gründliche Reinigung und Desinfektion der Bisswunde; bei Tollwutverdacht wird die Wunde mit Seife ausgespült.
  • Aufgrund des Infektionsrisikos und wenn die Bisswunde älter als 24 Stunden ist, werden solche Wunden nicht in jedem Fall genäht.
    - Lockerer steriler Wundverband, der die Wunde vor Verschmutzungen schützt.
  • Grössere und/oder infizierte Wunden sowie Gesichtswunden müssen chirurgisch im Spital versorgt werden.

Medikamente

Antibiotika-Behandlungen werden notwendig bei:

  • Zeichen einer Infektion (Rötung, Schwellung, Übererwärmung)
  • Tiefen und grösseren Bisswunden
  • Generell erhöhtem Infektionsrisiko (z.B. bei immungeschwächten  Personen)

Starrkrampf und Tollwut

  • Tetanus (auch Wundstarrkrampf): Die Impfung gegen den Wundstarrkrampf darf nicht länger als 10 Jahre zurückliegen - bei grösseren Wunden nicht länger als 5 Jahre; im Zweifelsfall wird eine Auffrischungsimpfung verabreicht. In der Schweiz erhalten Kinder zusammen mit der Basisimpfung (Diphtherie, Pertussis (Keuchhusten), Kinderlähmung (Polio)) auch eine Erstimpfung gegen Starrkrampf (Tetanus).
  • Tollwut: In der Schweiz sind die meisten Haustiere und auch Füchse gegen Tollwut geimpft. Bei unbekanntem Impfstatus, sollte das Tier unbedingt von einem Tierarzt auf Tollwut hin untersucht werden. Ist dies nicht möglich wird der Betroffene immer vorsorglich gegen Tollwut geimpft.  Bei Bissen von Fledermäusen wird immer gegen Tollwut geimpft.

Chirurgische Eingriffe

  • Ausgedehnte Bissverletzungen oder Verletzungen im Gesicht müssen  stationär behandelt werden
  • Bei tieferen oder infizierten Wunden erfolgt eine chirurgische ''Wundtoilette'' (Debridement), bei der Beläge und abgestorbenes Gewebe entfernt werden. Auch hier wird die Wunde offen gelassen, damit der Eiter abfliessen kann. Oft wird zusätzlich eine Drainage (kleiner Gummi- oder Silicon-Streifen) eingelegt, über die der Eiter nach aussen abfliessen kann.
  • Abgebissene Körperteile (Finger, Zehen, Nase, Ohr, etc.) werden nach Möglichkeit wieder angenäht.
  • Bei Gesichtsverletzungen oder  grossflächigen Bissverletzungen kann eine plastische Rekonstruktion notwendig werden.

Nachbehandlung

Wundkontrolle innerhalb 24-48 Stunden nach der ärztlichen Versorgung der Wunde.  Damit können allfällige Infektionen oder andere Komplikationen frühzeitig erkannt und behandelt werden. Je nach Situation  werden Kontrollen in noch kürzeren Abständen notwendig.

Wichtig: Die Wunde sollte beobachtet werden: Kommt es zu Rötungen, Schwellungen, Gelenksschmerzen, Bewegungseinschränkungen oder Fieber, dann sollte man sofort nochmals den Arzt oder eine Notfall-Station aufsuchen. Im schlimmsten Fall kann sich eine generalisierte Infektion (Sepsis, Blutvergiftung) entwickeln, die unbehandelt tödlich enden kann.


Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
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