Darmkrebs: Reiche nutzen Früherkennung mehr als Arme
In der Schweiz lassen sich zwar mehr Personen auf Darmkrebsbefall untersuchen als noch vor acht Jahren, doch insgesamt nimmt immer noch nur ein gutes Fünftel der Bevölkerung Untersuchungen zur Früherkennung in Anspruch. Ob es am Geld liegt, hat eine Studie untersucht.
Weil die sozialen Ungleichheiten in der Nutzung dieser Gesundheitsdienstleistungen andauern, sind insbesondere Massnahmen zur besseren Beteiligung der einkommensschwachen Schichten gefragt, wie eine soeben veröffentlichte Studie zeigt.
Im Jahr 2012 erkrankten weltweit mehr als 1.3 Millionen Menschen an Darmkrebs, fast 700'000 Menschen starben daran. In der Schweiz werden jedes Jahr mehr als 4'000 Fälle diagnostiziert, die Hälfte davon in fortgeschrittenen Stadien, die nicht mehr gut behandelbar sind. Um die Sterberate von Darmkrebs zu verringern, wird Personen im Alter zwischen 50 und 75 Jahren empfohlen, regelmässige Untersuchungen (etwa einen jährlichen Stuhltest oder alle zehn Jahre eine Darmspiegelung) durchführen zu lassen.
Doch in der Schweiz nimmt nur eine kleine Minderheit solche Untersuchungen in Anspruch, wie Forschende um Idris Guessous von den Universitätsspitälern Genf und Lausanne (HUG und CHUV) aus den Daten von 13'170 Teilnehmenden der Schweizerischen Gesundheitsbefragung schliessen (*). In ihrer von der Krebsliga Schweiz geförderten Studie weisen sie zwar nach, dass der Anteil der 50- bis 75-jährigen Bevölkerung mit einem kürzlichen Stuhltest oder einer Darmspiegelung zwischen 2007 und 2012 von 19 auf 22 Prozent gestiegen ist. «Trotzdem ist die Darmkrebsfrüherkennung noch ungenügend», sagt Guessous.
Insbesondere Personen mit geringem Einkommen bleiben den Untersuchungen zur Früherkennung fern. Nur 16 Prozent der Personen, die monatlich 2000 Franken oder weniger verdienen, liessen sich auf Darmkrebsbefall untersuchen, bei den Personen der stärksten Einkommensklasse (monatlich 6000 Franken und mehr) waren es knapp doppelt so viele. Dass es in der Schweiz trotz Wohlstand, hohem Lebensstandard und allgemeinem Krankenversicherungsschutz so grosse soziale Ungleichheiten in der medizinischen Versorgung gebe, sei vielen nicht bewusst, sagt Guessous.
Aus ihren Ergebnissen folgern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass es in der Darmkrebsprävention inskünftig darum gehen müsse, Massnahmen zu entwickeln, die sich vor allem auch an Einkommensschwache richten.
28.07.2015