Europäischer Adipositas-Tag vom 21. Mai 2011
Gegen 40% der Erwachsenen in der Schweiz sind übergewichtig (BMI > 25) und gegen 10% leiden an Adipositas (BMI > 30). Präzise Daten gibt es nicht, da in der Schweiz die für den BMI relevanten Werte (Grösse und Gewicht) nicht gemessen, sondern telefonisch erfragt werden. Jedes fünfte Kind in der Schweiz ist übergewichtig.
Der Europäische Adipositas-Tag (European Obesity Day) wird am 21. Mai 2011 zum zweiten Mal durchgeführt.
Mit Information und Aufklärung will er zur Bekämpfung der Adipositas beitragen. Im Zentrum steht dieses Jahr die Thematik des Jo-Jo-Effekts.
Die folgenden Botschaften sollen dabei vermittelt werden:
Aufzeigen, dass viele der sogenannten Schlankheitsprogramme nutzlos sind: eine Fülle von marktschreierischen Anpreisungen weckt gefährliche Heilserwartungen. Die meisten der Präparate sind wirkungslos und reine Abzockerei. Heilmittel und Medikamente gehören in die Hand des verantwortungsbewussten Mediziners und der Ärztin.
Hauptübel aller extremen Diäten ist der Jo-Jo-Effekt, die neuerliche Gewichtszunahme danach: bei starker Einschränkung der täglichen Kalorien-Zufuhr reduziert der Körper seinen Energie-Verbrauch, baut allenfalls sogar Muskelmasse ab und drosselt seinen Umsatz. „Verloren“ wird dabei in erster Linie Wasser. Wird anschliessend wieder „normal“ gegessen, nimmt man automatisch mehr Kalorien zu sich, als der Körper nun im Sparprogramm verbraucht. Der Rest wird als Fett-Reserve eingelagert. Nach jeder extremen Diät nimmt man im Schnitt 15% mehr zu, als man abgenommen hat… Deshalb: Hände weg von „strengen“ und einseitigen Diäten! Nie weniger als 1‘500 kcal/Tag zu sich nehmen.
Übergewichtige und adipöse Menschen brauchen professionelle Hilfe: die Empfehlung „weniger essen – mehr bewegen!“ ist nicht falsch, aber sie greift zu kurz. Adipositas ist zu 60 % genetisch bedingt und durch viele Umwelt-Faktoren, aber auch durch familiäre und psychische Gegebenheiten ausgelöst. Jeder Fall hat seine individuelle Vorgeschichte und muss nach professionellen Kriterien beurteilt werden, sei es durch den geschulten Arzt, durch die ausgebildete Ernährungsberatung oder in einem multidisziplinären Adipositas-Zentrum.
Sie müssen wissen, dass Adipositas eine chronische Krankheit ist, letztlich also unheilbar: die genetische Veranlagung, ungenutzte Nahrungs-Energie nicht in Wärme umzuwandeln, sondern als Fett-Reserve speichern zu können, war während langer Jahrtausende der Menschheitsgeschichte ein Erfolgsfaktor, der das Überleben in Notzeiten sicherte. Diese Veranlagung ist stets vorhanden. Wer einmal stark übergewichtig war, kann es immer wieder werden, wenn er nicht seine Lebensgewohnheiten, seine Ernährung und sein Bewegungsverhalten dauerhaft umstellt (die „Rückfallquote“ beträgt weltweit mehr als 85 %). Es geht also darum, mit Adipositas leben zu lernen.
Sie sollten aber auch wissen, dass sich für sie individuelle Hilfe und eine adäquate Lösung finden lässt: In spezialisierten, multidisziplinären Kliniken und Praxen können ausgeprägte Fälle von Adipositas analysiert und mit professioneller Hilfe begleitet werden. Dabei geht es nicht nur um das Erlernen von neuen Verhaltensweisen, sondern auch um psychologische Unterstützung, wenn diese erforderlich ist.
Sie sollen ermutigt werden, medizinische Hilfe zu beanspruchen und sie anzunehmen: Adipositas ist heute ein auch von den Krankenkassen anerkanntes Krankheitsbild. Adipositas kann zu einer ganzen Reihe von sogenannten Komorbiditäten (Begleit-Erkrankungen) führen wie Bluthochdruck, Diabetes Typ 2, Blutfett-Veränderungen, Asthma, Fettleber, Schlaf-Apnoe, erhöhtes Risiko für Herzinfarkt oder Hirnschlag, erhöhtes Krebsrisiko. Deshalb übernehmen die meisten Kassen eine Adipositas-Therapie bei einem BMI über 35 oder wenn bereits solche Begleit-Erkrankungen vorliegen.
Der Adipositas-Tag zeigt die verschiedenen Therapiemöglichkeiten auf, wertet sie aber nicht: Ziel des Europäischen Adipositas-Tags ist es, aufzuklären und zu informieren. Dabei geht es nicht darum, die verschiedenen Therapie-Möglichkeiten gegeneinander auszuspielen oder gar ein Ranking aufzustellen, denn jeder individuelle Fall braucht eine individuelle Lösung. Die Schweizerische Adipositas-Stiftung SAPS als Treuhänderin des Adipositas-Tags in der Schweiz versteht sich selber dabei als neutrale Informations- und Auskunfts-Plattform.
Es wird bewusst gemacht, dass es eine breite Palette an Optionen gibt, von der Prävention bis zum chirurgischen Eingriff: die „Bekämpfung der Adipositas“ beginnt mit der Prävention, und zwar schon vor der Geburt. Aufklärungskampagnen der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz (in Zusammenarbeit mit den kantonalen Instanzen der Gesundheitsförderung) setzen bereits bei der Mütter-Beratung ein und begleiten Kinder und Jugendliche sowie deren Familien; dabei geht es darum, das Auftreten von Übergewicht und Adipositas nach Möglichkeit zu vermeiden.
Dies ist auch das Ziel des Nationalen Programms Ernährung und Bewegung (NPEB) beziehungsweise der „actionsanté“ des Bundesamtes für Gesundheit BAG. Wichtig ist allerdings, dass gerade bei jungen Menschen nicht eine „Schlankheits-Hysterie“ ausgelöst wird, die zu einer verzerrten Körperwahrnehmung führen und genau das Gegenteil bewirken kann. – Den bereits von Adipositas betroffenen Jugendlichen und Erwachsenen stehen verschiedene therapeutische Interventions-Möglichkeiten zur Verfügung, über die unter anderem auch die Schweizerische Adipositas-Stiftung SAPS kompetent Auskunft geben kann.
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02.05.2011