Kindsmissbrauch früherkennen
In Kürze werden in der Schweiz 20'000 Ärztinnen und Ärzte aus 13 unterschiedlichen Fachrichtungen kostenlos eine neue Broschüre mit dem Titel «Kindsmisshandlung – Kindesschutz. Ein Leitfaden zu Früherfassung und Vorgehen in der ärztlichen Praxis» erhalten.
Hinter der Präventionsoffensive stehen die Stiftung Kinderschutz Schweiz als Herausgeberin und der Autor Ulrich Lips, Leiter der Kinderschutzgruppe und Opferberatungsstelle des Kinderspitals Zürich. Mit dem Leitfaden soll Ärztinnen und Ärzten sowie Praxisassistentinnen ein Instrument in die Hand geben werden, um im Fall von Kindsmisshandlungen vermehrt früh und kompetent handeln zu können.
Trotz verbesserter Aufdeckungsrate bleibt die Dunkelziffer bei Kindsmisshandlung hoch. Die negativen Auswirkungen auf das spätere Erwachsenenleben sind schwerwiegend. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Prävention und Früherfassung konstant an Bedeutung. Ärzte und Ärztinnen spielen in diesen Bereichen eine Schlüsselrolle, denn sie haben in unterschiedlichstem Zusammenhang Kontakt mit Kindern, oft von deren frühester Kindheit an. Und sie erleben die Eltern – mit all ihren Be- und Überlastungssituationen. Die Reaktion der Mediziner und Medizinerinnen auf eine vermutete oder sichere Kindswohlgefährdung kann in vielen Fällen entscheiden, ob dem Kind der ihm zustehende, notwendige Schutz oder/und den Eltern die nötige Hilfe zur Abwendung der Gefährdung zukommt.
„Wir Ärzte und Ärztinnen haben die einmalige Chance, die Dunkelziffer im Bereich Kindsmisshandlung zu senken“, sagt Autor Ulrich Lips aus Erfahrung. Kinder, die aufgrund unzureichender Sorge der Eltern, physischer, psychischer oder sexueller Gewaltanwendungen oder ungünstiger Erziehungsmethoden gefährdet sind, fallen auf. Viele Ärzte seien aber in der Diagnostik und im Umgang mit Kindsmisshandlung unsicher.
Um dieser Unsicherheit entgegenzuwirken, gibt die Stiftung Kinderschutz Schweiz nun den praxisorientierten Leitfaden heraus. Dabei unterstützt dieser Ärztinnen und Ärzte nicht nur darin, Fälle von tatsächlich erfolgter Kindsmisshandlung zu erfassen, sondern auch Verdachts- und Risikosituationen einzuschätzen und adäquat zu handeln. So beantwortet die Broschüre Fragen nach Verhaltensauffälligkeiten und körperlichen Befunden ebenso wie die, wann es ratsam ist, eine Kinderschutzgruppe einzuschalten. „Einen aktiven Schritt zu tun in einer komplexen Situation wie vermuteter Kindsmisshandlung braucht viel Mut. Je grösser die Sicherheit, dass man das Richtige richtig tut, um so grösser ist die Bereitschaft, dieses Wagnis einzugehen“, so Jacqueline Fehr, Präsidentin der Stiftung Kinderschutz Schweiz.
Die Broschüre „Kindsmisshandlung – Kindesschutz. Ein Leitfaden zu Früherfassung und Vorgehen in der ärztlichen Praxis“ wird von der FMH (Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzten) und vielen Fachgesellschaften und -verbänden empfohlen und unterstützt.
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17.03.2011