Patienten und Ärzte sprechen verschiedene ''Sprachen''
Sprachwissenschaftler beschäftigen sich mit Kommunikationsdefiziten zwischen Patienten und Ärzten und fragen sich, wer wie und wo, dazu lernen könnte.
"Defizite in der Gesprächsführung sind leider immer noch an der Tagesordnung", erklärt Florian Menz, Professor vom Institut für Sprachwissenschaft an der Universität Wien, im pressetext-Interview.
"Das fängt damit an, dass aufgrund des institutionellen Rahmens etwa im Krankenhaus jegliche Höflichkeits- und Gesprächseröffnungsrituale seitens des behandelnden Arztes unter den Tisch fallen. Meistens hat der Patient auch keine Ahnung, wie das Gespräch ablaufen wird und welche Informationen zu welchem Zweck mitgeteilt werden", so Menz.
Der Sprachwissenschaftler beschäftigt sich seit Jahren mit dem linguistischen Feld der Arzt-Patient-Kommunikation (APK), das zunehmend auch von medizinischen Einrichtungen und dem Fachpersonal selber aufmerksam verfolgt wird. Neben einem gerade abgeschlossenen dreijährigen Projekt zum Thema "Schmerzdarstellung und Krankheitserzählungen", das sich mit der Schmerzbeschreibung von Patienten und Ärzten auseinandersetzt, arbeitet Menz mit einem Team von Wissenschaftlern derzeit an einer Datenbank, die rund 10'000 Patientengespräche aus allen bekannten APK-Studien im deutschsprachigen Raum aufbereiten und ordnen soll.
"Das Interesse an Gesprächsführungsstrategien vonseiten der Ärzte und medizinischen Einrichtungen ist enorm", ortet Menz durchaus Willensbereitschaft durch die Mediziner. Diese seien jedoch vielfach mit dem Problem konfrontiert, dass sie nicht genau wüssten, wie ihre Kommunikationsstrategie angepasst werden müsse. "Natürlich kann man Ärzte dazu auffordernd, warmherziger zu kommunizieren. Die Frage 'Wie mache ich das?' bleibt dabei aber unbeantwortet, zumal professionelle Gesprächsschulung für Mediziner auch in der Ausbildung immer noch ein Minderheitenprogramm darstellt", so Menz.
Der Sprachwissenschafter hofft, dass die medizinische Fachwelt von den jüngsten Erkenntnissen aus den beiden Forschungsprojekten profitieren kann. Neben einer transparenteren Gesprächsführung rät er Ärzten, auch den genauen Gesprächszweck des Patientengesprächs abzuklären. Warum ein Patient zum Arzt gehe, sei oftmals grundverschieden von dem Zweck, den der behandelnde Arzt annehme.
Patienten rät Menz, dass sie auf ihr Recht auf Information bestehen. "Sowohl, was den Gesprächsinhalt als auch den Gesprächsablauf angeht, haben Patienten das Recht zu wissen, warum es geht". Aber auch bei der Wahl der Gesprächsumgebung und der Gesprächsteilnehmer sei mehr Sensibilität angebracht. "So ist es natürlich immer problematisch, wenn unangenehme und erschütternde Diagnosen in einem Vierbett-Zimmer und unter Beisein von mehreren fremden Personen gestellt werden", so Menz gegenüber pressetext.
30.04.2007