Prokrastination, Aufschiebeverhalten: Morgen, morgen, nur nicht heute
Das ist das Merkmal der sogenannten Prokrastination, dem Hang zum ''Aufschieben''. Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz belegen nach einer Untersuchung an über 2'000 Personen, dass das Aufschiebeverhalten, eher bei jüngeren Männern zu finden ist – mit zum Teil schwerwiegenden Folgen für die Gesundheit.
Stress und Ärger ist auf die Dauer schädlich für die Gesundheit, das ist ebenfalls bekannt.
Die Wissenschaftler der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz gingen bei ihrer Untersuchung deshalb insbesondere der Frage nach, warum überhaupt Arbeiten vor sich hergeschoben werden, wenn Aufschieben doch so viel belastender ist, als das sofortige Erledigen von insbesondere unangenehmen Tätigkeiten.
Sie analysierten dazu Daten aus der Deutschen Population von 2.527 Personen, im Alter von 14 bis 95 Jahren – ungefähr gleich viele Frauen wie Männer - vom Unabhängigen Service für Umfragen, Methoden und Analysen (USUMA), Berlin. Die Teilnehmer wurden in 1:1 Interviews befragt und waren gefordert, im Beisein des Interviewers einen Fragebogen auszufüllen. Über 40% der Teilnehmer war verheiratet und über 50% lebten in einer Partnerschaft. Die meisten hatten mindestens 10 Schuljahre hinter sich und ca. 2% waren Schüler oder Studenten. Die Rate der Arbeitenden lag bei über 50%, 6% waren stellenlos und 28% Rentner.
Die Studienresultate bestätigen nun die Vermutung, dass das ''Vorsichhinschieben'' eindeutig mit schweren psychischen Belastungen wie Stress, Einsamkeit, Depression, Angst und auch mit Erschöpfungszuständen einhergeht. Die Betroffenen sind unzufrieden in ihrem Leben, sind häufig Single, stellenlos und verfügen über ein niedriges Einkommen. Männliche Studenten oder Schüler (14-29-jährig) gehören zu den meist Betroffenen.
Auffällig ist laut den Forschern, dass die ''Aufschieberitis'' - ein erlerntes und nicht angeborenes Verhalten – durch Vermeidung unangenehmer Arbeiten noch verstärkt wird. Die Betroffenen selbst wissen nicht, warum bei ihnen bestimmte Tätigkeiten negative Gefühle hervorrufen.
Möglicherweise sind bestimmte Leistungsanforderungen mit Versagensängsten verbunden. Allenfalls ist auch die Zielsetzung selber zu hochgesteckt oder die Angst vor dem Versagen ist einfach zu gross, sodass lieber etwas aufgeschoben oder gar nicht gemacht wird. Akut kommt es dann zu Ersatzhandlungen wie zum Beispiel Medikamentenkonsum. Langfristig leiden die Betroffenen unter Depressionen und Versagensängsten, was aber nicht der Ursprung der Prokrastination zu sein scheint.
Aufgrund der Ergebnisse haben die Mainzer Wissenschaftler ein spezielles Therapieprogramm insbesondere für junge Menschen mit Aufschiebeverhalten entwickelt.
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23.03.2016