Schweiz: "Herzgesund" mit Vorbehalt
Jedes Jahr sterben in Europa über 4.3 Millionen Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Laut soeben veröffentlichten Zahlen des Europäischen Herz-Netzwerks (EHN) ist das Risiko in zentral- und osteuropäischen Ländern am höchsten, in Frankreich am geringsten. Die Schweiz steht vergleichsweise gut da.
Von sechs Männern in der EU stirbt jedes Jahr einer an koronarer Herzkrankheit. Unter diesem Oberbegriff stehen Krankheiten des Herzens wie Angina Pectoris oder Herzinfarkt, die durch eine ungenügende Durchblutung des Herzmuskels gekennzeichnet sind. Bei den Frauen sieht die Zahl ähnlich aus. Damit steht die koronare Herzkrankheit an der traurigen Spitze aller Todesursachen sowohl in der EU wie in ganz Europa.
Nimmt man alle Herz-Kreislauf-Krankheiten zusammen, darunter auch die Hirnschläge, sind sie in der EU die Ursache für 45 Prozent der Todesfälle bei Frauen und für 38 Prozent bei Männern.
Diese nüchternen Zahlen hat soeben das Europäische Herz-Netzwerk (EHN) veröffentlicht. Dahinter stehen materielle Erwägungen: Das EHN schätzt, dass Herz-Kreislauf-Krankheiten in der EU jährlich Kosten von 192 Milliarden Euro verursachen. Dahinter stehen aber auch und vor allem Schmerzen, Leiden, vorzeitiger Tod. "Ein grosser Teil davon liesse sich vermeiden", sagt EHN-Direktorin Susanne Løgstrup. Anlässlich des Valentinstags ruft sie dazu auf, gegen diese Krankheiten anzugehen und namentlich auch gegen die Ungleichheit in den Ländern zu kämpfen.
Frankreich weit vorn, Ostländer belastet
Während die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit im Norden, im Süden und im Westen Europas in den vergangenen Jahren zurückgegangen ist, tragen die Menschen in Zentral- und in Osteuropa weiterhin unverändert ein hohes Risiko: In Bulgarien zum Beispiel verursachen Herz-Kreislauf-Krankheiten 62 Prozent aller Todesfälle bei Männern – in Frankreich 26 Prozent. Das gleiche Muster zeigt sich bei den Frauen, allerdings mit höheren Zahlen: 71 Prozent weibliche Herz-Todesopfer in Bulgarien gegen 31 Prozent in Frankreich.
In den Ländern mit hoher Herz-Kreislauf-Sterblichkeit sind gewisse Risikofaktoren – besonders auch psychosoziale Einflüsse – ausgeprägter als in den «herzgesünderen» Ländern. Gleichzeitig steht diesem erhöhten Risiko oftmals eine bescheidenere medizinische Versorgung im Akutfall wie auch bei der Behandlung der chronischen Koronarerkrankung gegenüber.
In der Schweiz: Prävention verstärken
Gleich wie in den anderen europäischen Ländern stehen auch in der Schweiz Herz-Kreislauf-Erkrankungen an der Spitze der Todesursachenstatistik. Dennoch sind die Zahlen wie in den Nachbarländern vergleichbar günstig. So erlitten im Jahr 2004 in der Schweiz 20 von 100'000 Männern bis 65 Jahren einen Herz-Kreislauf-Tod (Frankreich: 17, Deutschland: 33, Österreich: 30).
Experten warnen allerdings vor Übermut: "Diese Zahlen verdanken wir hauptsächlich einer hervorragenden medizinischen Akut- und Langzeitversorgung", sagt PD Dr. Katharina Meyer vom Schweizerischen Gesundheitsobservatorium. "Ihnen gegenüber steht die ungünstige Entwicklung bei den Herz-Kreislauf-Risikofaktoren: Rauchen, hoher Blutdruck, zu grosser Bauchumfang, Bewegungsmangel, ungünstige Blutfett- oder Blutzuckerwerte. Wollen wir nicht davon überrollt werden, müssen wir nun dringend die Gesundheitsförderung und Prävention verstärken. Hierzu sind Risikogruppen zu identifizieren und adäquate Präventions- bzw. Therapiemassnahmen anzubieten. Diese Aufgabe findet idealerweise im Rahmen von Settings statt (zum Beispiel Schulen, Betriebe, Vereine) und sollte durch Aktionsprogramme in Netzwerken beispielsweise mit Lehrern, Arbeitgebern und Ärzten erfolgen."
Zum Europäische Herz-Netzwerk (EHN)
Im Europäischen Herz-Netzwerk (European Heart Network, EHN) mit Sitz in Brüssel sind Herzstiftungen und andere Nicht-Regierungs-organisationen aus 26 Ländern Europas zusammengeschlossen. Die gegenwärtig 31 Mitglieder, darunter auch die Schweizerische Herzstiftung, setzen sich gemeinsam für Prävention und Reduktion von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ein.
13.02.2008