Schmerzbehandlungen bei MS - eine Übersicht
Schmerzen sind ein häufiges Problem bei MS-Patienten, das gezielt erfragt werden muss, da es sonst oft übersehen wird.
Unter diagnostischen und therapeutischen Gesichtspunkten lassen sie sich in die 4 folgenden Kategorien einteilen:
1) Schmerzen im direkten Zusammenhang mit der MS: Schmerzhafte anfallsartige Symptome wie die Trigeminusneuralgie oder schmerzhafte Muskelverkrampfungen der Extremitäten werden primär mit Carbamazepin behandelt. Alternativ kommen andere krampflösende Medikamente wie Lamotrigin, Gabapentin oder Oxcarbazepin in Frage.
Schmerzhafte „brennende“ Missempfindungen, als häufigstes chronisches Schmerzsyndrom bei MS sprechen gut auf bestimmte Antidepressiva, den sogenannten trizyklischen Antidepressiva, oder wiederum auf Carbamazepin an. Alternativen sind Gabapentin oder Lamotrigin. Bei einer Eskalation der Schmerzen kommen auch Opioide zum Einsatz. Der Stellenwert der Cannabinoide ist hier noch nicht ausreichend geklärt.
2) Schmerzen als indirekte Folge der MS: Mit Spastik zusammenhängende Schmerzen können oft durch entsprechende Krankengymnastik gebessert werden. Medikamentös helfen hier die klassischen krampflösenden Substanzen wie Baclofen oder Tizanidin oder als Alternative Gabapentin. In schweren Fällen wird lokal Botulinumtoxin oder direkt ins Rückenmark Baclofen gespritzt. Durch Fehlhaltung bedingte Gelenk- und Muskelschmerzen können mit Physiotherapie oder physikalischer Therapie gelindert werden. Weiters können schmerzhafte Druckläsionen durch optimal angepasste Hilfsmittel vermieden werden.
3) Therapiebedingte Schmerzen: Bei Injektionen von Beta-Interferon oder Glatiramerazetat in die Haut können Schmerzen durch eine optimale Technik und lokale Kühlung reduziert werden. Muskelschmerzen als allgemeinen Nebenwirkung von Beta-Interferon sprechen auf Schmerzmittel (Paracetamol oder Ibuprofen) gut an.
4) MS-unabhängige Schmerzen wie Kopf und Rückenschmerzen sind bei MS-Patienten sehr häufig und können durch die Erkrankung verschlimmert werden. Die Therapie soll nach entsprechenden Leitlinien erfolgen.
Eine gewissenhafte Analyse der Schmerzsymptomatik ermöglicht eine optimale medikamentöse und nicht medikamentöse Behandlung und hilft so die Lebensqualität der MS-Betroffenen zu verbessern.
27.07.2005 - Pollmann et al