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Pocken: eine lebensgefährliche, hochansteckende Infektion
Pocken: eine lebensgefährliche, hochansteckende Infektion

Pocken (auch Blattern) gehört zu den hochansteckenden, lebensgefährlichen Virusinfektionen. Typisch an den Pocken sind Hautveränderungen (z.T. schwarze Blattern), aber der Beginn der Krankheit zeigt eher uncharakteristische Beschwerden. Das Virus gehört zur Gattung der Orthopoxviren.

Es gibt zwei verschiedene Formen: die echten, gefährlichen Pocken (Orthopoxvirus variola) sowie die harmlosen, weissen Pocken (Orthopoxvirus alastrim). Pockenkranke müssen sofort streng isoliert werden. An den echten Pocken sterben die meisten Betroffenen häufig in den ersten 48 Erkrankungsstunden. Auch die weissen Pocken sind nicht ungefährlich, haben aber einen sanfteren Verlauf.

Geschichte

Die Pocken gelten als die älteste, die Menschen betreffende Seuche. Die ersten Aufzeichnungen über Pockenepidemien stammen von 1000 vor Christus.

Auf Grund der grossen Ansteckungsmöglichkeit gab es bis im Jahr 1967 weltweite Pockenepidemien, bis dann 1977 dank der Schutzimpfung die letzte Pockeninfektion aus Somalia gemeldet wurde. 1980 erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Welt für pockenfrei.

1802 wurde in Berlin die erste Pockenimpfstation eingerichtet, 1874 wurde die Pockenimpfung weltweit als Pflichtimpfung deklariert und 1977 fanden die letzten Massenimpfungen in Deutschland statt.

In die Geschichte ging das Pockenvirus unter anderem ein, weil das Virus 1763 als biologische Waffe im Krieg gegen Indianer in Amerika eingesetzt wurde.

Die Pockenviren sind die grössten Viren, die eine menschliche Erkrankung auslösen können. Ihre DNA enthält sehr resistente Eiweisshüllen und ihr Genom etwa rund 200 Gene (im Vergleich zum HI-Virus, das nur 10 Gene enthält.)

Es gibt zwei verschiedene Formen: die echten, gefährlichen Pocken (Orthopoxvirus variola) sowie die harmlosen, weissen Pocken (Orthopoxvirus alastrim). Bei den echten Pocken kann es zu einer hämorrhagischen (mit Blutungen verbundenden), äusserst schweren Verlaufsform kommen.

Die Übertragung von Mensch zu Mensch geschieht über die Tröpfcheninfektion (Sprechen, Husten, Niessen) sowie durch Einatmen von kontaminiertem Staub. Sekrettröpfchen in der Luft können über eine Distanz von 20 Metern eine Infektion verursachen. Strengste Isolierung der Betroffenen sowie Ausmerzung (Verbrennen) oder Desinfektion von Gegenständen des Patienten (z.B. Bettwäsche, Kleidung, Tücher, Gebrauchsgegenstände), haben erste Priorität.

Die Inkubationszeit (Zeit von der Infektion bis zum Ausbruch der Krankheit) dauerte ca. sieben bis 19 Tage.

Echte Pocken

  • Zu Beginn grippeähnliche Beschwerden wie Fieber, Kreuzschmerzen und Gliederschmerzen, manchchmal Bauchschmerzen mit Erbrechen. Bereits in dieser Phase ist ein vorübergehender Hautausschlag zu beobachten.
  • Kurzfristige Besserung der Beschwerden
  • Danach bilden sich typische blass-rote, stark juckende Blattern, zunächst im Gesicht, Kopf, später vor allem an den Extremitäten.
  • Bildung von Flüssigkeit und Eiter in den Blattern
  • Verkrustung der Pusteln; fallen die Krusten ab, hinterbleiben Narben (Pockennarben), ausgelöst durch häufiges Kratzen. Ansteigen des Fiebers mit Delirium, Verwirrtheit, Desorientierung bis zu Wahnvorstellungen.
  • Oft kommt es im Verlauf der Erkrankung zu einer Infektion der Atemwege mit Bronchitis und Pneumonie (Lungenentzündung)

Weisse Pocken

Hier ist der Verlauf weniger heftig, die Sterblichkeit liegt unter 1%. Durchgemachte weisse Pocken geben keine Immunität gegenüber den echten Pocken.

Pocken: Blutuntersuchung und Nachweis von Antikörpern gegen das Pockenvirus
Pocken: Blutuntersuchung und Nachweis von Antikörpern gegen das Pockenvirus

Zur Diagnose der Krankheit werden verschiedene Untersuchungen und Abklärungen durchgeführt. Dazu gehören unter anderem:

  • Krankengeschichte unter Einbezug der Beschwerden: Ausschlag, hohes Fieber
  • Erregernachweis im Blut, in der Flüssigkeit der Bläschen
  • Nachweis von Antikörpern gegen die Pockenviren
  • Anlegen einer Virenkultur
  • PCR- Analyse zum Nachweis der Pockenvirus-DNA aus dem Blut
Pocken: Patient muss isoliert behandelt werden
Pocken: Patient muss isoliert behandelt werden

Im Vordergrund stehen unterstützende Massnahmen wie Senkung des Fiebers, Ersatz von Flüssigkeitersatz, Schmerzbekämpfung, Ruhe etc.

Allgemeine Massnahmen

  • Isolation der Patienten, des betreuenden Personals sowie anderen Kontaktpersonen der Betroffenen (Quarantänemassnahmen)
  • Bettruhe
  • Genügend Flüssigkeitszufuhr, kalorienreiche, leicht verdauliche Kost
  • Wohnräume, Kleidungsstücke, Gegenstände des Patienten müssen desinfiziert werden.

Medikamente

  • Antivirale Wirkstoffe (z.B. Cidovir, das auch in der HI-Therapie eingesetzt wird). Diese Therapie gab es in den 1970er Jahren noch nicht.
  • Fiebersenkende Medikamente

Etwa 30% der Betroffenen der echten Pocken sterben, die Überlebenden sind meist mit stark entstellenden Narben übersät. Bei den weissen Pocken liegt die Sterblichkeit unter 1%.

Eine besondere Verlaufsform der echten Pocken sind die schwarzen Blattern: Die Inkubationszeit ist verkürzt, es kommt innerhalb weniger Tag zu ausgedehnten, schweren Blutungen in die Haut, Schleimhäute sowie der inneren Organe. Der Betroffene stirbt innerhalb der ersten 48 Erkrankungsstunden. Hier liegt die Sterblichkeit praktisch bei 100%.

Pocken: Um eine Ausbreitung zu verhindern, werden Patienten werden isoliert behandelt
Pocken: Um eine Ausbreitung zu verhindern, werden Patienten werden isoliert behandelt

Die meisten der heute über 25-Jährigen weisen am rechten oder linken Oberarm eine Narbe, die von der Pockenimpfung stammt, auf. Die Impfung wurde in der Regel im zweiten Lebensjahr gemacht und im 12. Lebensjahr wiederholt. Man vermutet, dass der Impfschutz bei diesen Menschen nicht mehr anhält, der Verlauf einer Pockenerkrankung aber mindestens abschwächen würde.

Bei der Pockenimpfung handelt es sich um eine Lebendimpfung. An der Impfstelle treten rötliche Beulenbildungen auf, die in eine Blase oder eitrige Pustel übergehen. In diesem Stadium ist der Geimpfte infektiös. Kontakt mit den Händen an der Impfstelle kann unter Umständen zu schweren Augeninfektionen, bis zur Erblindung führen. Neuentwickelte Impfstoffe sollen wesentlich nebenwirkungsarmer sein. Für Epidemien sind sie aber noch nicht hinreichend ausgetestet.

Aus Angst vor Bioterroranschlägen hat die Weltgesundheitsorganisation WHO weltweit nur zwei offizielle Labors, die zu Forschungszwecken Pockenviren aufbewahren, bewilligt: eines steht in Atlanta (Georgia, USA) und eines in Novosibirsk in Russland.

Dr. med. Fritz Grossenbacher

Fritz Grossenbacher hat in Bern Medizin studiert. Er besitzt einen Master of Medical Education der Universitäten Bern und Chicago und ein Zertifikat in Teaching Evidence based Medicine des UK Cochrane Center in Oxford.

Dr. med. Gerhard Emrich

Gerhard Emrich hat in Wien Medizin studiert. Er ist Medizinjournalist mit langjähriger Erfahrung in medical writing.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
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