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Schizophrenie: Realitätsverlust und Wahnvorstellungen
Schizophrenie: Realitätsverlust und Wahnvorstellungen

Die Schizophrenie ist eine schwere psychische Erkrankung. Sie zeichnet sich aus mit Realitätsverlust, Wahnvorstellungen, Veränderungen der Gedanken, der Sprache und des Verhaltens.

Nicht zu verwechseln ist die Schizophrenie mit der multiplen Persönlichkeitsstörung, bei der die Patienten glauben, eine andere oder mehrere andere Personen zu sein.

Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Männer erkranken oft etwas früher (zwischen 20 und 25 Jahren) als Frauen (zwischen 25 und 35 Jahren). Bei Kindern ist eine Schizophrenie ganz selten.

Die genauen Ursachen sind nicht bekannt. Man geht davon aus, dass mehrere Faktoren zusammenwirken:

  • Persönliche Veranlagung
  • Genetische Veranlagung (familiäre Häufung)
  • Ungleichgewicht von Stoffwechselvorgängen im Gehirn: Hier spielen die Botenstoffe Dopamin und Glutamat eine Rolle.
  • Belastende Lebensereignisse als Auslöser
  • Faktoren im sozialen Umfeld: Einer falschen Erziehung kann nicht die Schuld gegeben werden. Man vermutet aber, dass der Verlauf der Erkrankung durch bestimmte soziale Faktoren, z.B. durch bestimmte Beziehungs- und Kommunikationsmuster innerhalb der Familie, beeinflusst wird.
  • Betroffene kommen oft aus sozial schwächeren Schichten und sind oft alleinstehend was aber auch eine Folge der Erkrankung sein kann.

Die Beschwerden bei der Schizophrenie sind sehr vielfältig und können im zeitlichen Auftreten stark variieren. Prinzipiell unterscheidet man zwischen einer akuten und einer chronischen Phase.

Akute Krankheitsphase:

In dieser Phase findet man bei Betroffenen oft keine Einsicht für eine Erkrankung. Hier stehen sogenannte "Positiv-Symptome" im Vordergrund. Die Bezeichnung "positiv" bedeutet, dass der Betroffene Symptome zeigt, die bei einem gesunden Mensch nicht vorhanden sind.

Zu den Positiv-Symptomen zählen:

  • Wahnvorstellungen (häufig sind Vergiftungswahn oder Verfolgungswahn)
  • Halluzinationen (häufig Stimmenhören, seltener optische Halluzinationen)
  • Bewegungsstörungen: Wiederholen von gleichförmigen Bewegungen (z.B. Händeklatschen, hin und her laufen) oder stark verlangsamte Bewegungen; der Patient spricht nicht mehr (sogenannter Stupor).
  • Im Extremfall nimmt der Patient eine eigenartige körperliche Stellung ein und verharrt in dieser für lange Zeit (sogenannte Katalepsie). Tritt bei einer Katalepsie zusätzlich Fieber auf ist dieser Zustand lebensbedrohlich (Notfall!).

Chronische Krankheitsphase

Hier treten "Negativ- oder auch Minus-Symptome" auf. "minus" bedeutet, dass etwas fehlt im Vergleich zum gesunden Menschen. Es kommt zu Einschränkungen bei bestimmten psychischen Funktionen und bei der Emotionalität.

Zu den Negativ-Symptomen zählen:

  • Sozialer Rückzug
  • Abnahme oder Verlust von Interessen z.B. an Freizeitaktivitäten, Hobbys etc.
  • Sprachmangel
  • Emotionslosigkeit
  • Vernachlässigung des Äusseren u.a.

Weitere typische Krankheitszeichen sind:

  • Ich-Störung: die eigene Persönlichkeit erscheint gespalten und unwirklich; der Betroffene fühlt sich als nicht sich selbst. Sie erleben sich selbst und ihre Umwelt als unwirklich und fremd.
  • Störungen im Denken und Sprechen: Gedanken sind zerfahren, zusammenhanglos, unlogisch, Gedanken brechen ab, Begriffe verlieren ihre Bedeutung, Häufig haben Betroffene das Gefühl, dass andere Menschen ihre Gedanken lesen oder beeinflussen können. Die Sprache kann skurril sein, z.B. werden neue Wörter erfunden, Wörter werden durcheinandergewürfelt oder der Satzbau ist zerstört.
  • Störungen des Gefühlslebens: starke Stimmungsschwankungen, wobei die Stimmungslage nicht immer der Situation entspricht (z.B. Patient erfährt etwas Trauriges und lacht dabei). Depressive Stimmungen oder Angst kommen häufig vor.
  • Verlust des Bezugs zur Wirklichkeit (Autismus ): Patient zieht sich in seine eigene Welt zurück. Der Patient wird gleichgültig, wirkt wenig interessiert, freudlos und ist unfähig Nähe zu empfinden.

Zusätzliche psychische Erkrankungen wie Depression oder Sucht sind bei einer Schizophrenie häufig anzutreffen.

Es kann auch zu schweren Krisen mit Selbsttötungsabsichten (Suizidalität) kommen. Hier wird eine Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus notwendig.

Schizophrenie: im Gespräch mit dem Arzt
Schizophrenie: im Gespräch mit dem Arzt

Einen bestimmten Test zur Diagnose einer Schizophrenie gibt es nicht.
Der Arzt stellt die Diagnose durch ein ausführliche Gespräche mit dem Patienten und den Angehörigen. Dabei wird auf typische Beschwerden der Schizophrenie geachtet oder danach gefragt. Dazu kommen: Körperliche und neurologische Untersuchung en zum Ausschluss anderer Erkrankungen (z.B. Hirntumor, Gehirninfektion, Epilepsie u.a.).

Schizophrenie: Medikamente und Psychotherapie
Schizophrenie: Medikamente und Psychotherapie

Die Schizophrenie ist heute gut behandelbar, oft aber nicht heilbar.

Wichtig für den Behandlungserfolg ist das Krankheitsverständnis und die Therapiebereitschaft des Betroffenen. Besonderes in der akuten schizophrenen Phase kann die fehlende Krankheitseinsicht problematisch sein. Kommt eine Selbst- und/oder Fremdgefährdung hinzu, ist eine Einweisung in eine "geschlossene Anstalt" notwendig und erfolgt unter bestimmten juristischen Voraussetzungen auch gegen den Willen des Patienten (FFE = Fürsorglicher Freiheitsentzug).

Die Behandlung erfolgt meist in einer Kombination aus medikamentöser Therapie und einer Psycho- und Soziotherapie.

Medikamente

  • Neuroleptika: Diese Psychopharmaka helfen die akuten Beschwerden wie Halluzinationen, Wahn oder Denkstörungen zu lindern. Die Medikamente müssen in Absprache mit dem Arzt über längere Zeit, in manchen Fällen sogar lebenslang, eingenommen werden. Ohne Medikamente besteht ein hohes Rückfallrisiko. Auf Nebenwirkungen wie Bewegungsstörungen, Krampfanfälle, Unruhe u.a. muss geachtet und bei Auftreten mit dem Arzt besprochen werden.
  • Antidepressiva: Häufig entwickeln Schizophrenie-Patienten im Verlauf der Erkrankung eine Depression.
  • Beruhigungsmittel: Helfen Angstzustände in der akuten Phase zu reduzieren.

Psycho- und Soziotherapie

  • Psychotherapie: Im Vordergrund stehen Krankheitsverständnis und Verarbeitung des Krankheitserlebens. Meist geschieht dies in Form einer Gruppentherapie.
  • Soziotherapie: Sie soll helfen Probleme durch die Erkrankung innerhalb der Familie, des Wohnraumes, der Arbeit und des gesellschaftlichen Lebens zu verhindern. Das Betreuungsangebot umfasst Arbeits- und Beschäftigungstherapien, Tagesstrukturierung oder berufsrehabilitierende Massnahmen. Wichtig ist die Einbeziehung der Familie sowie des sonstigen sozialen Umfeldes. Umfassende Aufklärung über die Erkrankung und Kommunikationstraining sind wesentliche Bestandteile der Therapie. Besonders ist zu beachten, dass Über- und Unterforderungen für Schizophrene ein grosses Problem darstellen.

Die Schizophrenie verläuft in Schüben. Vor Ausbruch der eigentlichen Schizophrenie kann es zu einer Vorphase mit "Frühwarnzeichen" kommen. Diese sind jedoch zu unspezifisch, um als Vorzeichen einer Schizophrenie erkennbar zu sein, z.B. depressive Stimmungen oder sozialer Rückzug.

In der akuten Phase stehen die Positiv-Symptome (Halluzinationen, Wahnvorstellungen) im Vordergrund. Diese können wieder vollständig verschwinden. Es können auch Restsymptome als chronische Phase bestehen bleiben. Die chronische Phase ist durch Negativ-Symptome gekennzeichnet. In sehr seltenen Fällen bleiben die akuten Krankheitszeichen dauerhaft bestehen.

Nach akuten schizophrenen Schüben können depressive Verstimmungen und Erschöpfungszustände auftreten. Diese können nach einiger Zeit wieder abklingen.

Prognose:

In mehr als der Hälfte der Fälle ist der Verlauf eher ungünstig, d.h es bleiben Restsymptome bestehen. Meist sind dies Negativ-Symptome.

Bessere Heilungschancen sind zu erwarten bei:

  • Fester Partnerschaft
  • Einem guten sozialen Netz
  • Weiblichem Geschlecht
  • Akutem Krankheitsbeginn
  • Deutlich erkennbaren Auslösern der Erkrankung
  • Konsequenter medikamentöser Therapie

Dr. med. Gerhard Emrich

Gerhard Emrich hat in Wien Medizin studiert. Er ist Medizinjournalist mit langjähriger Erfahrung in medical writing.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
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