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Aufmerksamkeitsstörung ist die Unfähigkeit sich länger auf etwas zu konzentrieren
Aufmerksamkeitsstörung ist die Unfähigkeit sich länger auf etwas zu konzentrieren
Menschen mit einer Aufmerksamkeitsstörung können ihre Aufmerksamkeit nicht über eine längere Zeitdauer auf ein Objekt oder eine Aktivität richten. Sie werden sehr rasch abgelenkt oder ermüden schnell. Aufgrund dieser Aufmerksamkeitsstörung wechseln die Betroffenen häufig von einer Aktivität zur anderen. Im Zusammenhang mit  der Aufmerksamkeitsstörung wird deshalb oft auch von Hyperaktivität, also Überaktivität, gesprochen. Eine Aufmerksamkeitsstörung kann verschiedene Ursachen haben und auf psychische oder aber auch auf körperliche Leiden hindeuten.
Aufmerksamkeit bezeichnet die Fähigkeit, Informationen und Reize aus dem Umfeld wahrzunehmen, sie auszuwählen, sie aufzunehmen und angemessen zu verarbeiten.

Oft wird eine Aufmerksamkeitsstörung mit einer Konzentrationsstörung gleichgesetzt. Die Konzentrationsfähigkeit ist jedoch ein Teilbereich der Aufmerksamkeit, das heisst, die Fähigkeit seine Aufmerksamkeit auf etwas Bestimmtes zu lenken und sich nicht ablenken zu lassen (z.B. konzentriertes Arbeiten).

Jeder kennt das Gefühl, dass die Aufmerksamkeit im Laufe eines anstrengenden Tages immer mehr abnimmt oder auch Schwankungen unterworfen ist. Ausserdem ist die Aufmerksamkeit stark vom allgemeinen Wachheitsgrad abhängig.

Man unterscheidet 4 Teilbereiche bzw. Teilfunktionen der Aufmerksamkeit:

  • Allgemeine Wachsamkeit, Aufmerksamkeitsaktivierung: Fähigkeit, die Aufmerksamkeitsintensität kurzfristig zu erhöhen, das heisst, die Aufmerksamkeit möglichst rasch auf einen Reiz hin zu aktivieren.
  • Daueraufmerksamkeit: Fähigkeit, die Aufmerksamkeit über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten zu können, das heisst, sich längerfristig auch auf kleine Veränderungen oder seltene Reize konzentrieren zu können. Beispiel hier ist Autofahren in der Nacht auf einer kaum befahrenen Strasse oder Fliessbandarbeiten.
  • Selektive Aufmerksamkeit: Fähigkeit, die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche zu richten und unwesentliches zu ignorieren.
  • Geteilte Aufmerksamkeit: Fähigkeit, sich auf zwei Dinge gleichzeitig zu konzentrieren, z.B. Autofahren und gleichzeitig Sprechen.

Je nach Ursache und Ausprägung der Aufmerksamkeitsstörung können die verschiedenen Aufmerksamkeitsbereiche in unterschiedlicher Weise betroffen sein.

Aufmerksamkeitsstörungen stellen für Betroffene im Alltag ein grosses Problem dar, da für nahezu alle praktischen oder intellektuellen Tätigkeiten ein gewisses Mass an Aufmerksamkeit erforderlich ist. Eine normale Aufmerksamkeit ist wichtig für die Wahrnehmung, das Gedächtnis, das Planen und Handeln, Verstehen und Sprechen sowie die räumliche Orientierung und die gezielte Problemlösung.

An einer Aufmerksamkeitsstörung erkrankt zu sein heisst aber nicht, dass man sich überhaupt nicht mehr konzentrieren kann oder dass alle Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben, Sprechen oder das Gedächtnis usw. betroffen sind. Meistens sind nur einzelne der oben genannten Teilbereiche betroffen, auch wenn es oft den Anschein hat, dass alle Bereiche betroffen sind. Das hängt damit zusammen, dass sich die verschiedenen Fähigkeiten überlappen und die verschiedenen Aufmerksamkeitsleistungen eng miteinander verbunden sind.

Mögliche Begleitsymptome: Konzentrationsstörungen , Gedächtnisstörungen, Wahrnehmungsstörungen, Sprachstörungen , Bewegungsdrang , Bewusstseinsstörungen , Schlafstörungen ,
Aufmerksamkeitsstörungen können verschiedenste Ursachen haben. Häufig sind sie die Folge eines Schlaganfalls, einer Verletzung des Gehirns oder einer anderen Erkrankung des Nervensystems. Auch bei psychiatrischen Erkrankungen ist die Aufmerksamkeit häufig gestört. Bekanntes Beispiel ist auch die Aufmerksamkeitsstörung ADHS bei Kindern.

Mögliche Ursachen für Aufmerksamkeitsstörungen

Einer krankheitsbedingten Aufmerksamkeitsstörung selbst kann man nicht direkt vorbeugen. Eine generell gesunde und aktive Lebensweise kann jedoch dazu beitragen, verschiedenen Krankheiten (z.B. Schlaganfall ) entgegen zu wirken, die zu Aufmerksamkeitsstörungen führen können. Dazu gehört auch der Verzicht auf Alkohol und Nikotin in der Schwangerschaft (Risikofaktoren für ADHS bei Kindern).

Tipps im Umgang mit Angehörigen, die an einer Aufmerksamkeitsstörung leiden:

  • Betroffenen nicht überfordern: Menschen mit Aufmerksamkeitsstörungen können sich auch mit dem besten Willen nicht ausreichend lange konzentrieren und bestimmte Aufgaben bewältigen. Vergleichbar wäre es so, als müsste man komplett übermüdet einen langen und komplizierten Text überarbeiten.
  • Bewältigbare Aufgaben fördern die Motivation und bauen Frustration und Mutlosigkeit ab
  • Situationen vermeiden, bei denen es voraussehbar zu einer Überforderung kommt.
  • Für Arbeitsaufträge deutliche und einfach zu verstehende Anweisungen geben.
Jede unerklärliche Konzentrationsstörung , die akut auftritt, sich verschlechtert oder über Tage und Wochen anhält, sollte immer ärztlich abgeklärt werden. Dies gilt insbesondere auch, wenn weitere Beschwerden auftreten. Kinder mit auffälligen Konzentrationsschwierigkeiten sollen immer vom Kinderarzt untersucht werden.

Welcher Arzt ist zuständig?
Um sich ein genaues Bild von den aktuellen Beschwerden und den möglichen Ursachen zu machen, erfolgt zuerst die Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) und eine körperliche Untersuchung mit einfachen Hilfsmitteln (Betrachten, Abtasten, Abhören, Abklopfen, Funktionsprüfungen, etc.). Ausgehend davon können weitere spezielle Untersuchungen folgen.

Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese)
  • Fragen zum Symptom Aufmerksamkeitsstörung selbst: hier stehen vor allem die Lebensumstände im Vordergrund: Bewegung, Ernährung, Schlaf, Genussmittel (Kaffee, Rauchen, Alkohol, Drogen), Medienkonsum, Stress oder psychische Belastungen (Schule, Privat, Beruf), beruflicher und sozialer Hintergrund, usw. Bei Kindern werden auch Eltern, Erzieher und Lehrer einbezogen.
  • Aufmerksamkeitsfähigkeit und die verschiedenen zugehörigen Bereiche wie Konzentration, Ablenkbarkeit und andere Bereiche der geistigen Leistung können je nach vermuteter Ursache mit verschiedenen standardisierten (computergestützten) Tests und Fragebögen ermittelt werden, darunter spezielle ADHS - Fragebögen für Kinder und Erwachsene oder Tests zur Demenz- oder Depressions-Abklärung.
  • Begleitsymptome (siehe oben)
  • Vor- und Begleiterkrankungen, inklusive Operationen oder Unfälle
  • Bedeutsame Erkrankungen und Todesursachen in der Familie
  • Allergien
  • Medikamenteneinnahme

Körperliche Untersuchung
Es folgt eine allgemeine Ganzkörperuntersuchung bei der unter anderem Puls und Blutdruck gemessen, Herz und Lunge abgehört und die Schilddrüse abgetastet wird. Ausserdem wird das Hör- und Sehvermögen geprüft und eine gründliche neurologische Untersuchung durchgeführt.

Weitere Diagnostik/spezielle Untersuchungen
  • Computergestützte Verfahren zur Messung der verschiedenen Aufmerksamkeitsfunktionen
  • Blutuntersuchungen (z.B. Schilddrüsenwerte)
  • Bildgebende Verfahren: Röntgen, Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie bei Verdacht auf eine körperliche Erkrankung als Ursache

Mehr Informationen zur Abklärung (Diagnostik) finden Sie in den jeweiligen Krankheitsbildern
Die Therapie von Aufmerksamkeitsstörungen richtet sich nach der Ursache und den jeweils betroffenen Aufmerksamkeitsbereichen. Ergänzend sind auch allgemeine Massnahmen, wie Unterstützung bei der Organisation des Alltags und der Einbezug von Angehörigen ein wichtiger Bestandteil der Behandlung.

Behandlung von Grunderkrankungen
Sind die Aufmerksamkeitsstörungen die Folge einer behandelbaren Erkrankung, z.B. Schlaganfall, Depression, ADHS oder Kopfverletzung, wird in erster Linie diese behandelt. Damit werden auch die Aufmerksamkeitsstörungen verbessert. Die Therapie kann die Einnahme von entsprechenden Medikamenten, psychotherapeutische Massnahmen oder auch eine Operation umfassen.

Gezielte Aufmerksamkeitstherapien
Bei Aufmerksamkeitsstörungen haben sich computergestützte Therapieverfahren bewährt, welche spezifisch die betroffenen Aufmerksamkeitsleistungen in alltagsähnlichen Situationen trainieren. Dabei wird der Fortschritt regelmässig kontrolliert und der Schwierigkeitsgrad stufenweise an die Erfolge angepasst. Dies ist für den Erfolg der Behandlung besonders wichtig. Wird der Betroffene überfordert, kann es sogar zur Verschlechterung der entsprechenden Funktionen kommen.

Dr. med. Fritz Grossenbacher

Fritz Grossenbacher hat in Bern Medizin studiert. Er besitzt einen Master of Medical Education der Universitäten Bern und Chicago und ein Zertifikat in Teaching Evidence based Medicine des UK Cochrane Center in Oxford.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
 
  
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