Sprechzimmer logo
Vergiftungen: Substanzen können je nach Dosis Vergiftungssymptome hervorrufen
Vergiftungen: Substanzen können je nach Dosis Vergiftungssymptome hervorrufen

Die Verträglichkeit einer Substanz ist für verschiedene Lebewesen unterschiedlich. Paracelsus prägte schon im 15. Jahrhundert den noch heute gültigen Grundsatz: ''Allein die Menge macht das Gift'' und: ''Alle Dinge sind Gift und nichts ohne Gift''.

Die Vergiftung ist ein krankmachender Zustand, der als Folge der Aufnahme von Giften (Toxinen) in den Körper auftritt. Die Stärke der Giftwirkung hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab.

Es wird unterschieden zwischen akuter Vergiftung, angeborener (atopischer) und chronischer Vergiftung.

Vergiftungen mit mehreren Stoffen nennt man Polyintoxikation. Das kommt häufig bei Drogen-,  Medikamenten-, oder Alkoholabhängigkeit vor. (siehe auch Abhängigkeiten, Sucht)

Bei jeder akuten Vergiftung kann es sich um einen lebensbedrohlichen Notfall handeln und gehört in ärztliche Behandlung. Ob bleibende Schäden an einzelnen Organen oder am gesamten Organismus zu befürchten sind, hängt von der Substanz ab.

Bei der chronischen Vergiftung kommt es nach jahrelangem Konsum oder Ausgesetzt sein von Toxinen zu Organ- und Nervenschädigungen, welche ebenfalls tödlich enden können.

Häufige akute Vergiftungsformen

Ursache der akuten Vergiftung ist eine versehentliche oder beabsichtige Einnahme oder Gabe (ev. mit Tötungsabsicht) von Toxinen. Zum Beispiel:

  • Überdosierung mit illegalen Drogen, Alkohol und Medikamenten
  • Lebensmittelvergiftung (z.B. giftige Pilze)
  • Vergiftungen mit Kontaktgiften, Gasen etc.
  • Putzmittel, Pflanzenschutzmittel, Pestizide
  • Pflanzen (am giftigsten hierzulande sind z.B. Engelstrompete, die Samen des Goldregens, Tollkirschen, Fingerhut)
  • Chemikalien (Fleckenentferner, Autopolitur, Lampenöl, Quecksilber, Imprägnierungssprays, Formaldehyd etc.)
  • Rattengift
  • Toxine können auch eine bakterielle Herkunft haben, z.B. bei vielen Lebensmittelvergiftungen (z.B. Salmonellenvergiftung).
  • Zigaretten: Kinder können sich mit Zigarettenstummel oder mit ganzen Zigaretten vergiften; Nikotin aufgelöst ist tödlich!

Angeborene (atopische)Vergiftung

Bei einer angeborenen Vergiftung sind körpereigene Stoffe die Vergiftungsursache, durch Fehlfunktionen des Körpers (z.B. Urämie, eine Harnvergiftung durch Nierenversagen; oder Speicherkrankheiten, wo durch fehlende Enzyme Zwischenprodukte im Stoffwechsel nicht ausgeschieden werden können).

Chronische Vergiftungen

Von einer chronischen Vergiftung spricht man bei langdauerndem Einwirken (Exposition) von Giften. Häufig passiert dies im Arbeitsumfeld (z.B. Blei, Gas, Chemikalien, Asbest etc.). Solche Vergiftungen können auch an Kinder weitervererbt werden (z.B. Blei).

  • Zu den chronischen Vergiftungen gehört auch der langjährige Missbrauch von Drogen, Medikamenten, Nikotin, Alkohol.

Gifte werden über den Magen-Darm-Trakt, die Haut oder die Atemwege in den Körper aufgenommen und gelangen von dort aus ins Blut; Drogen oder Medikamente werden häufig direkt ins Blut gespritzt.

Die Stärke der Giftwirkung hängt ab von der Substanz und der Löslichkeit in Körperflüssigkeiten. Zum Teil vermag der Körper Toxine selber abzubauen. Ob dies nun schneller oder langsamer passiert, häng ebenfalls von verschiedenen Faktoren ab:

  • Umgebungstemperatur: sie hat einen Einfluss auf die Geschwindigkeit der Stoffwechselvorgänge und damit auf den Verlauf des Vergiftungszustandes
  • Gesundheitszustand des Betroffenen, insbesondere der Zustand des Immunsystems
  • Geschlecht
  • Alter (Kinder haben viel schneller Vergiftungserscheinungen als Erwachsene)
  • Körpergewicht
  • Eine mögliche Toleranzbildung, durch frühere Aufnahmen desselben Giftes

Erkennungszeichen einer akuten Vergiftung

Wann muss von einer Vergiftung ausgegangen werden?

  • bei unerwarteten Todesfällen von jungen, bis dahin gesunden Menschen
  • bei plötzlichem, schwerem Erkranken von Kindern
  • bei gleichzeitigem Erkranken von mehreren Personen aus dem gleichen Umfeld
  • bei Rauschgift- oder Medikamentenabhängigen
  • bei Menschen mit leichtem Zugang zu Giften

Zur Diagnose einer Vergiftung werden verschiedene Untersuchungen und Abklärungen durchgeführt. Dazu gehören unter anderem:

  • Einer der wichtigsten Aufgaben ist das Sicherstellen von Giftproben sowie von Körperausscheidungen (z.B. Erbrochenem). Achtung: Handschuhe tragen!
  • Labordiagnostik: Urin, Blut- ev. Gewebeproben
  • Drogenscreening

Die Behandlung richtet sich nach dem ursächlichen Gift. Wichtig ist der Erhalt der vitalen Funktionen (Herz-Kreislauf, Atmung). Je nach Bedarf muss Sauerstoff dazu gegeben werden.

Bei chronischen Vergiftungen ist eine meist über längere Zeit dauernde Entgiftung notwendig. Bei Suchtkrankheiten hat die Rückfallprävention eine grosse Bedeutung.

Notfallmassnahmen (Erste Hilfe)

Erste Hilfe Massnahmen bei einer akuten Vergiftung

1. Allgemeine Massnahmen

  • Helfer: Bringen Sie sich nicht selbst in Gefahr und Veranlassen Sie den Notruf: Sanität 144
  • Regelmässige Kontrolle des Bewusstseins, Atmung, Puls und allenfalls entsprechende Massnahmen (ev. Beatmen, ev. Herz-Lungenwiederbelebung) Siehe Erste Hilfe Massnahmen
  • Vorhandene Giftreste sowie Körperausscheidungen (z. B. Erbrochenes) aufbewahren, zur Mitgabe in die Klinik.
  • Bewusstlosen Patienten in Seitenlage bringen.
  • Bei schwacher Atmung Patient beatmen, bei Herzstillstand unverzüglich mit Herzmassage beginnen, bis der Rettungsdienst übernimmt.

2. Spezial Massnahmen

Das Toxikologische Institut Tel. 145 gibt Auskunft, was als Erstes getan werden kann. (siehe Notfallmeldung).

  • In kleinen Schlücken Wasser, Sirup oder Tee trinken lassen. Aber auf keinen Fall Milch! Äusserliche Gifte können mit Wasser abgetupft werden!
  • Bei Vergiftungen durch Säuren, Laugen oder Schaumbildner (Spülmittel) dürfen Sie keinesfalls Erbrechen herbeiführen, da die Gefahr einer Aspiration und damit der Lungenverletzung zu gross ist! Im Zweifelsfalle kein Erbrechen herbeiführen, da der Nutzen wissenschaftlich nicht bewiesen ist, jedoch zusätzliche Komplikationen herbeiführen kann.
  • Bei Überdosierungen mit Schlaftabletten und Drogen den bewussten und ansprechbaren Menschen möglichst wach halten mit Zureden, nach Möglichkeit bewegen (laufen, wenns geht Kaffee einflössen).
  • Bei Vergiftungen durch Kohlenmonoxid (Auspuffgase in Garagen) müssen Sie den Verletzten an die frische Luft bringen! Gefahr für den Retter: Halten Sie selber dabei die Luft an, vorgehaltene Taschentücher schützen nicht!
  • Bei Vergiftungen durch Kohlendioxid (Klärgruben, Silos etc.) ist die Gefahr für den Retter, sich selber zu vergiften, sehr gross. Unternehmen Sie als Retter keine eigenmächtigen Rettungsversuche!
  • Bei Atemstillstand durch Vergiftungen mit Kontaktgiften (Pflanzen- oder Insektenschutzmittel) wegen der Selbstgefährdung keine Mund- zu-Mund-Beatmung durchführen! Überlassen Sie in diesem Fall die Beatmung dem Fachpersonal! Kein Brechversuch!
  • Bei Verätzungen der Haut: Kleider entfernen, Haut wenn möglich mit Wasser spülen.
  • Bei Verätzungen durch den Mund: Im Zweifelsfall nichts zu Trinken geben!
  • Bei Augenkontakt mit Gift: Betroffenes Auge mindestens 10 Minuten unter fliessendem Wasser (keine Milch!) spülen.

Notfallmeldungen

Wer?

Alter, Gewicht, Geschlecht der betreffenden Person, Telefonnummer für Rückruf.

Was?

Alles was Sie über das beteiligte Mittel sagen können.

Wie viel?

Versuchen Sie, die maximal mögliche aufgenommene Menge abzuschätzen.

Wann?

Versuchen Sie, die seit dem Vorfall verstrichene Zeit abzuschätzen.

Was noch?

Erste beobachtete Symptome? Erste getroffene Massnahmen?

Giftinformationen und Notfallberatung:Tel. 145 (Toxi)

Eine Vergiftung kann unter anderem folgende Komplikationen verursachen:

  • Direkte Schäden an den Organen, Haut, bis hin zum Tod
  • Spätschädigungen an den einzelnen Organen (Leber, Niere, Herz, Atmungsorgane, Hirn etc.)

Dr. med. Fritz Grossenbacher

Fritz Grossenbacher hat in Bern Medizin studiert. Er besitzt einen Master of Medical Education der Universitäten Bern und Chicago und ein Zertifikat in Teaching Evidence based Medicine des UK Cochrane Center in Oxford.

Dr. med. Gerhard Emrich

Gerhard Emrich hat in Wien Medizin studiert. Er ist Medizinjournalist mit langjähriger Erfahrung in medical writing.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
Rectangle Bottom
Rectangle Right Top
MySana
Gesundheit selber in die Hand nehmen
Bildung, Wissenstests, Risikoschätzung 
Rectangle Right Bottom
Sky Right Top
finish adserving