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Plötzlicher Kindstod: ein Trauma für die ganze Familie
Plötzlicher Kindstod: ein Trauma für die ganze Familie

Der plötzliche Kindstod (sudden infant death syndrom, SIDS) bezeichnet den unerwarteten Tod eines scheinbar gesunden Säuglings. Inzwischen gilt SIDS als die häufigste Todesursache zwischen dem 14. Lebenstag und dem Ende des ersten Lebensjahres, wobei das Häufigkeitsmaximum im 2. bis 4. Lebensmonat liegt.

Wenn Ärzte bei einer nachträglichen Untersuchung inklusive Autopsie und unter Berücksichtigung familiärer Vorbelastung keine eindeutige Todesursache feststellen können, dann nennen sie es ''Plötzlicher Kindstod''.

Der plötzliche, unvorhergesehene Tod eines scheinbar gesunden Säuglings ist ein dramatisches Ereignis für die ganze Familie.

Zustände, wo es wegen Atemaussetzer (Schlafapnoe) des Säuglings beinahe zum plötzlichen Kindstod kommt, werden als akut lebensbedrohliches Ereignis oder ALTE nach dem Englischen Apparent Life-Threatening-Event bezeichnet.

Trotz weltweiter Forschung konnte noch keine abschliessende Ursache festgestellt und definiert werden. Einige Risikofaktoren für den plötzlichen Kindstod sind jedoch bekannt. Vermutet wird das Zusammentreffen verschiedener Ereignisse oder körperlicher Gegebenheiten.

Vermutete körperliche Ursachen:

  • Vermutet werden Defekte im Stammhirn oder anderen Hirnregionen, Störungen im Atmungssystem sowie bei der Blutdruckregulierung.

Hochrisikogruppe: (max. 20% aller SIDS-Fälle)

  • Frühgeborene (vor der 33. Schwangerschaftswoche)
  • Kinder mit Geburtsgewicht unter 2000g
  • Kinder drogenabhängiger Mütter
  • Nachfolgende Geschwister
  • Körperlicher Zustand (ALTE, Apparently Life-Threatening Event, früher auch Near-SIDS): Plötzliches und gleichzeitiges Auftreten von: Atemstillstand, schlaffer Muskulatur, Blaufärbung und/oder Blässe der Haut, verlangsamter Herzschlag. Auch wenn das Baby diesen Zustand dank sofortigen rettenden Massnahmen überlebt, ist das SIDS Risiko danach deutlich erhöht.

Weitere Risikofaktoren:

  • Bauchlage/Seitenlage
  • Zigarettenrauchexposition
  • Schlafen im elterlichen Bett
  • Überwärmung des Kindes, zu warme Umgebung
  • Weiche Matratze, Kopfkissen, Fellunterlagen, Unterpolsterungen
  • Frühgeburt, geringes Geburtsgewicht
  • Viele Schwangerschaften der Mutter, Mehrlinge, kurze Intervalle zwischen den Schwangerschaften
  • Geringe Schwangerschaftskontrolle, tiefer sozioökonomischer Status
  • Sehr junge Mütter
  • Mütterlicher Medikamentenkonsum
  • Wintermonate
  • Männliches Geschlecht
  • Nicht geimpfte Kinder sterben häufiger als geimpfte

Folgende Krankheiten können unter Umständen das Kind in einen lebensgefährlichen vor-SIDS-Zustand (ALTE-Zustand) bringen:

  • Infektionen der Atemwege
  • Gehirninfekte (Meningitis )
  • Refluxkrankheit (Zurückfliessen des Magensaftes)
  • Anatomische Störungen der oberen Atemwege oder der Lungen
  • Krampfanfälle
  • Atemwegsverlegungen durch Fremdkörper oder Erbrochenem
  • Nächtliche Atemstillstände (Apnoe )
  • Herzkrankheiten
  • Stoffwechsel- sowie Hormonstörungen

Der plötzliche Kindstod kann mit folgenden Zeichen eintreten:

  • Plötzliches und gleichzeitiges Auftreten von: Atemstillstand, schlaffer Muskulatur, Blaufärbung und/oder Blässe der Haut, verlangsamter Herzschlag.
  • Herzkreislaufstillstand

Ein vor-SIDS (ALTE)-Zustand erfordert sofortige erste Hilfe ev. Wiederbelebungsmassnahmen (Rettungsdienst Tel. 144)

Präventiv oder akut, werden folgende Untersuchungen gemacht:

  • Blutdruckmessungen
  • EKG (Messungen der Herzströme)
  • Ultraschall
  • EEG (Messung der Hirnströme)
  • Herzuntersuchungen beim Spezialisten
  • Blut- und Urinuntersuchungen
Plötzlicher Kindstod: Stillen, nicht rauchen, Vorsorgeuntersuchungen
Plötzlicher Kindstod: Stillen, nicht rauchen, Vorsorgeuntersuchungen

Empfehlungen zur Senkung des Risikos

  • Säugling zum Schlafen auf den Rücken legen, die Matratze sollte glatt und nicht zu weich sein. Das Baby braucht kein Kopfkissen.
  • Baby vor Überwärmung durch angepasste Kleidung schützen; insbesondere sollte der Kopf frei bleiben, damit überschüssige Wärme über den Kopf abgehen kann.
  • Deckenmaterial: Anstatt einer Decke sind ein Schlafsack oder Jumbo ohne Halteschlaufen empfehlenswert; das Kind sollte während des Schlafens nicht fixiert sein.
  • Raumklima: ideale Raumtemperatur zwischen 17 und 19°C. Bettchen nicht an die Heizung stellen und vor direkter Sonneneinstrahlung schützen.
  • Wegen der Gefahr eines Wärmestaus oder einer Atembehinderung sollten Sie auf die Verwendung von Kopfkissen, Federbetten, ''Nuscheli'' und Fellen ganz verzichten.
  • Säuglinge bis 1-jährig können im Elternschlafzimmer Ruhe finden, sollten aber in ihrem eigenen Bett schlafen.
  • Schnuller: Das Anbieten des Nuggi zum Schlafen soll präventiv wirken. Wenn der Nuggi nachts rausfällt, soll er jedoch nicht mit Zwang wieder in den Mund des Babys gesteckt werden.
  • Kein Rauch in der Umgebung
  • Möglichst einen geregelten Tagesablauf einhalten (Vermeiden von Stress)
  • Baby solange wie möglich stillen; nach heutigen Erkenntnissen kann Stillen präventiv wirken, da die Muttermilch aufgrund ihrer Zusammensetzung einen gewissen Schutz vor Allergien und Infektionen bietet.
  • Regelmässige Vorsorgeuntersuchungen mit dem Baby
  • Impfungen: Neueren Studien zur Folge können Impfungen das Kind vor einem plötzlichen Kindstod schützen, einige Studien sprechen allerdings dagegen.

Dr. med. Fritz Grossenbacher

Fritz Grossenbacher hat in Bern Medizin studiert. Er besitzt einen Master of Medical Education der Universitäten Bern und Chicago und ein Zertifikat in Teaching Evidence based Medicine des UK Cochrane Center in Oxford.

Dr. med. Gerhard Emrich

Gerhard Emrich hat in Wien Medizin studiert. Er ist Medizinjournalist mit langjähriger Erfahrung in medical writing.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
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