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AIDS: Humanes Immundeffizienz-Virus (HIV)
AIDS: Humanes Immundeffizienz-Virus (HIV)

AIDS (franz. und ital. SIDA) ist eine chronische, lebensbedrohliche Erkrankung, verursacht durch das "human immunodeficiency virus" (HIV). Der Begriff AIDS (acquired immunodeficiency syndrome) ist die Bezeichnung für das späte Stadium der HIV-Infektion, wo die Patienten stark krank werden.

Seit den 80-iger Jahren hat sich AIDS wegen der Globalisierung und dem Tourismus auf der ganzen Welt ausgebreitet. Laut WHO (Weltgesundheitsorganisation) sind zur Zeit über 30 Millionen Menschen (davon fast 70% in Afrika) vom Virus infiziert. Zu Beginn war die Infektion vorwiegend bei Drogenabhängigen sowie homo- und bisexuellen Männern zu verzeichnen. In den letzten Jahren hat der heterosexuelle Übertragungsweg stark zugenommen. Beängstigend ist die zunehmende Ignoranz gegenüber der Krankheit. Studien zeigen ein zunehmend riskantes Verhalten bei jungen Menschen, was zu einer Zunahme von verschiedenen sexuell übertragbaren Krankheiten, unter anderem auch des HIV, führt.

Die HI-Viren befallen vor allem das Immunsystem und das zentrale Nervensystem. Wenn diese HIV-Infektion nicht behandelt wird, kommt es zur eigentlichen Erkrankung = AIDS. Ein Ausbruch von AIDS heisst, dass das Immunsystem seine Schutzfunktion nicht mehr übernehmen kann.

Die Infektion des menschlichen Organismus findet dadurch statt, dass die Viren in die Blutbahn übertreten. Überträgermaterial kann Blut, evtl. Speichel, Vaginalsekret oder Sperma sein.
Das HI-Virus zerstört bestimmte weisse Blutkörperchen (T-Helferzellen). Dadurch wird das Immunsystem geschwächt. Das hat zur Folge, dass schon bereits leichte Entzündungen oder harmlose Infektionskrankheiten lebensbedrohlich werden können.

Letztendlich ist es nicht das HI-Virus, das eine bestimmte Krankheit auslöst. Entscheidend sind Infektionen und Tumoren, die auf Grund der Immunschwäche entstehen und so den Verlauf der Krankheit bestimmen.

Von AIDS spricht man in der Medizin, wenn auf Grund der jahrelangen Schwächung des Abwehrsystems der Körper selbst mit kleinsten Infektionen nicht mehr fertig wird.

Risikogruppen

Dazu gehören drogenabhängige Menschen, Menschen, die ungeschützten und wechselnden Sexualverkehr haben, Kinder von HIV-infizierten Müttern,  das Spital- und Praxispersonal und Personen, die vor 1985 Blutkonserven erhielten.

Bei Händeschütteln, Wangenküssen und Leben im gleichen Haushalt mit infizierten Personen wird das Virus nicht übertragen.

Bei HIV-Infektion

Zu Beginn haben die meisten Betroffenen keine Beschwerden. In den ersten paar Wochen können grippeähnliche Symptome auftreten, wie Fieber oder angeschwollene Lymphknoten.

Bei AIDS

Harmlose Bakterien und Viren können bei einem geschwächten Immunsystem zu schweren Entzündungen führen. Zeichen eines geschwächten Immunsystems sind schwere, grippeähnliche Symptome, chronische Hautinfektionen und Atemwegsinfektionen, Fieber, nächtliche Schweissausbrüche. Auch der Magen-Darmtrakt kann reagieren, mit Übelkeit und Durchfällen.

Dazu kommen:

Im Verlaufe der Erkrankung kommt es zu wiederholten Ausbrüchen von "alten Infektionen" wie z.B. Herpes, Gürtelrose etc. Bereits harmlose Bakterien oder Viren können schwere Entzündungen hervorrufen.

Im weiteren Verlauf ist auch das Nervensystem betroffen. Es kann zu Persönlichkeitsveränderungen, Konzentrationsstörungen und Gedächtnisschwächen kommen.

Im Spitallabor, beim Hausarzt oder bei der AIDS-Hilfe können sogenannte Antikörpertests durchgeführt werden, die einen Verdacht auf eine HIV-Infizierung bestätigen.
 
Die Tests dürfen nur in Ausnahmefällen automatisch durchgeführt werden, z.B. bei Samen- Organ- und Blutspendern oder bei Ei-Transplantationen. In allen andern Fällen braucht die Durchführung des Tests die schriftliche Einwilligung des Patienten.

Neu gibt es einen Test, der zu Hause durchführbar ist und in Apotheken und Drogerien frei erhältlich ist. Der Test ist einfach, schnell und anonym durchführbar. Es wird dazu nur ein Tropfen Blut benötigt. Allerdings können mit dem Test nur HIV-Infektionen nachgewiesen werden, die mindestens drei Monate zurückliegen. So lange kann es dauern, bis genügend Antikörper für den Nachweis im Blut vorhanden sind.

Antivirale Medikamente
Antivirale Medikamente

Einerseits muss die HIV-Infektion, andererseits müssen auch die immer wieder auftretenden Begleit-Infektionen, bedingt durch die Abwehrschwäche, behandelt werden. Es gibt noch kein Medikament, das Aids heilen kann, aber viele gute Medikamente, die helfen können, das Leben erträglicher zu machen und zu verlängern. Dank den Fortschritten in der Therapie ist heute praktisch ein normales Leben mit normaler Lebenserwartung möglich.

Medikamente

Antivirale-Therapie: Das Ziel der antiviralen Therapie besteht in erster Linie darin, die Zahl der Viren zu verringern, zu töten oder am Wachstum zu hindern. Die aktuell besten Ergebnisse werden mit der HAART-Therapie erreicht, die seit einigen Jahren im Einsatz ist. Damit wird sowohl der Ausbruch von AIDS als auch der Verlauf einer bereits bestehenden AIDS-Erkrankung positiv beeinflusst. Bei der HAART-Therapie (=Highly Active Antiretroviral Therapy) werden mehrere Medikamente kombiniert.

Die drei Hauptmedikamentengruppen der HAART sind:

  • NRTIs und NNRTIs: Diese Nukleotidalen und Nukleosidalen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren hemmen die Virusvermehrung über die Blockade der Übersetzung der genetischen Information. Als Hauptnebenwirkungen der NRTIs kann eine Störung der Blutbildung im Knochenmark auftreten, es entsteht ein Mangel an weissen und roten Blutkörperchen. Hauptnebenwirkungen der NNRTIs sind Hautprobleme.
  • PIs (Proteasehemmer): Verhindern die Vermehrung des HI-Virus in einer späteren Phase der Virusvermehrung durch Blockierung eines Enzyms, das für die Virusvermehrung notwendig ist. Dadurch entstehen unreife, nicht infektiöse Viren. Hauptnebenwirkungen: Störungen im Magen-Darmtrakt (Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle), Stoffwechselstörungen wie Erhöhung der Triglyzeridwerte (Fettsäuren), Probleme mit der Fettverteilung im Körper (Fettzunahme im Schulter-Nackenbereich).
  • Fusions-Hemmer (T20): verhindern, dass das Virus in gesunde Zellen eindringen und sich vermehren kann. Das Medikament wird gespritzt.
  • CCR5-Antagonisten: sollen das Eindringen der Viren in die Abwehrzellen (Immunzellen) verhindern. Hier sind noch Studien im Gange.

Der Therapieerfolg kann an der Bestimmung der Virusmenge gemessen werden.

Im Versuchsstadium sind HIV-Impfstoffe, deren Erfolge noch abzuwarten sind.

Was kann man selber tun

Die verschriebenen Medikamente müssen peinlichst genau eingenommen werden. Es hilft, sich einen Arzt zu suchen, bei dem man sich wohl fühlt, da die Behandlung über lange Zeit fortgesetzt werden muss.

Bei Verdacht auf eine mögliche Ansteckung (gerissenes Kondom, bereits benutztes Drogenbesteck) ist der sofortige Beginn einer sogenannten  HIV- Postexpositionsprophylaxe (HIV-PEP) möglich, die innerhalb 2 Stunden nach dem Ereignis begonnen werden muss.

Allgemeine Empfehlungen:

  • Impfung gegen Grippe und Lungenentzündung
  • Gesunde Lebensführung (gesunde Ernährung, evtl. Ernährungsberatung, ausreichend Schlaf, regelmässige Bewegung, Entspannungsübungen)
  • Psychotherapie

Die unbehandelte HIV-Infektion endet fast immer mit AIDS. Zum Glück kann mit den heutigen Therapiemöglichkeiten die Entwicklung der Erkrankung bis hin zum Stadium Aids in den allermeisten Fällen verhindert werden.
 
Schwerwiegende Krankheitsverläufe werden durch so genannte opportunistische Infektionen verursacht. Zu dieser Gruppe gehören vorwiegend Erkrankungen, die nicht durch das HI-Virus selbst, sondern durch weitverbreitete, normalerweise wenig pathogene (krankmachende) Keime verursacht werden. Durch das geschwächte Immunsystem ist der Körper nicht mehr im Stande, gegen diese Keime ausreichend anzukämpfen.

Erst in dieser Phase der HIV-Infektion spricht man von AIDS. Die Gruppe der möglichen Krankheitserreger ist sehr vielseitig. Sie umfasst Viren, Bakterien und Pilze ebenso wie einige vor der AIDS-Ära kaum bekannte Erreger mit unklarer Zuteilung (Beispiel: Pneumocystis carinii).

Opportunistische Erkrankungen

Parasitenbefall
  • Pneumocystis carinii Pneumonie (PCP): Haupterkrankung ist die Lungenentzündung
  • Toxoplasmose
  • Kryptosporidiose: Der Parasit vermehrt sich im Darm und in den Gallengängen. Typische Symptome sind schwere chronische Durchfälle
Bakterielle Infektionen
  • Mykobakterieninfektionen führen zu Atemwegserkrankungen, später zum Befall aller Organe inkl. Knochenmark. Hauptbeschwerden: Fieber, Gewichtsverlust, Magen-Darmbeschwerden.
  • Tuberkulose
Virale Infektionen
  • Cytomegalievirus: Ein Virus, das zur gefürchteten Retinitis (Befall der Augennetzhaut) und zu Infektionen im Gehirn führen kann
  • Herpes Infektion: kann Haut oder Genitalbereich betreffen (Herpes simplex, Herpes genitalis)
  • Hepatitis Viren: Beschleunigen die HIV Erkrankung und machen Leberprobleme
  • JC Virus: schwere Infektion des Gehirns (Sprachstörungen, Lähmungserscheinungen, Blindheit, Sensibilitätsverlust).
Pilzinfektionen
  • Candida-Pilz: befällt vor allem die Mundschleimhäute und Genitalien; kann aber auch den ganzen Körper betreffen (Pilzsepsis).
  • Kryptokokkus Meningitis: Verursacher ist ein Pilz, der zu einer Hirnhautentzündung führen kann. Hauptsymptome: Kopfschmerzen, hohes Fieber, Nackensteifigkeit und Lichtempfindlichkeit.
Krebs
  • Kaposi-Sarkom: Tumor der Gefässwand. Hier muss eine Bestrahlungs- und Chemotherapie durchgeführt werden.
  • Non-Hodgkin-Lymphom: Krebs der Lymphozyten (Abwehrzellen). 

Normale Infektionen, die ein Mensch mit einem gesunden Immunsystem praktisch gefahrlos übersteht, können für einen HIV-infizierten Menschen schwerwiegende Verläufe nehmen. 

Kondome schützen
Kondome schützen

Vor einer Ansteckung schützt sich, wer beim Sex ein Kondom trägt und niemals gebrauchtes Drogenbesteck benützt. Bei den Blutkonserven wurde die Ansteckungsgefahr dank den Tests erheblich verkleinert. Das medizinische Personal kennt die Schutz- und Hygienemassnahmen.

Bei Menschen, die das Virus in sich tragen und adäquat behandelt werden, findet nach heutigen Erkenntnissen keine Übertragung des Virus mehr statt.

Bei Verdacht auf eine Ansteckung

Sofort einen Arzt konsultieren und einen HIV-Test veranlassen. Der Arzt kann (nach dem geschätzten Ansteckungsrisiko) eine vorbeugende Behandlung beginnen. Diese Behandlung sollte innert Stunden nach vermuteter Ansteckung begonnen werden. ACHTUNG: Ein negativer Test bedeutet nicht zwangsläufig, dass man sich nicht mit HIV angesteckt hat, da es einige Wochen dauern kann, bis das eigene Immunsystem Antikörper gegen das Virus bildet. Und im Test werden nur diese Antikörper gemessen.

Bei positivem Test

Dank neuen Behandlungsmethoden konnte die Lebenserwartung in den letzten Jahren deutlich verbessert werden. Besprechen Sie mit dem Arzt ihres Vertrauens das weitere Vorgehen. Fragen, ob sofort oder erst im späteren Verlauf mit einer Therapie begonnen werden soll, sind zu klären. Sinnvoll kann es auch sein, sich an die AIDS-Hilfe zu wenden, deren Mitarbeiter bereits viel Erfahrung im Umgang mit dieser Erkrankung haben.

Dr. med. Fritz Grossenbacher

Fritz Grossenbacher hat in Bern Medizin studiert. Er besitzt einen Master of Medical Education der Universitäten Bern und Chicago und ein Zertifikat in Teaching Evidence based Medicine des UK Cochrane Center in Oxford.

Dr. med. Gerhard Emrich

Gerhard Emrich hat in Wien Medizin studiert. Er ist Medizinjournalist mit langjähriger Erfahrung in medical writing.

Dr. med. Daniel Desalmand

Daniel Desalmand hatte in Bern Medizin studiert. Nach dem Studium hatte er mehrjährige klinische Erfahrung in Chirurgie und Innerer Medizin erworben bevor er sich dem Wissenschaftsjournalismus zugewandt hatte.

Doris Zumbühl

Doris Zumbühl ist diplomierte Medizinische Praxisassistentin. Sie verfügt über mehrere Weiterbildungen in den Bereichen Journalismus, IT und Bildbearbeitung.
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